Die Gänsehaut ist wieder da. Als die Cellos die altbekannte Intromusik spielen, fühlt es sich gleich wieder so an, als ob eine neue Folge "Game of Thrones" über den Bildschirm flimmern würde. Doch statt langsam die zahlreichen Schauplätze auf der mechanischen Karte abzufliegen, macht es das Intro von "House of the Dragon" trotz gleichgebliebener musikalischer Untermalung anders. Und lässt blutige Ströme den Stammbaum des Drachenhauses zeichnen.
Nachdem die erste Folge noch extrem an die Hauptserie angelehnt war, zeigt sich in Folge zwei so langsam, wie sich das Spin-off von seinem sehr erfolgreichen Vorbild trennen könnte. Statt das Schicksal der Welt über mehrere Hauptfiguren, Familien und Kontinente darzustellen, das Spiel um den Thron in allen Facetten zu zeigen, konzentriert sich "House of the Dragon" – wie der Titel verrät – bislang vor allem um die Geschichte der namensgebenden Herrscherfamilie. Und zeigt die sich immer tiefer ziehenden Risse durch das Haus.
Shakespeare in Königsmund
Nachdem wir in der ersten Folge noch mit der Vielzahl an Hauptfiguren vertraut gemacht werden mussten, können die sich nun langsam entfalten. Obwohl einige neue Schauplätze hinzukommen, bleibt die Serie in der zweiten Folge weiter ganz nah am engen Kern des Konflikts um die Thronfolge im Haus Targaryen. Und erinnert dabei eher an Theater-Dramen als an die epische Sage des Vorbildes.
Die Spannung hält die zweite Folge - anders als die erste - dabei vor allem durch tolle Dialoge. Zwar hält sich die Folge auch mit Gewalt nicht zurück und wagt sogar einen Schritt, der eher in Richtung Horror geht. Die wichtigsten Kämpfe der Folge sind allerdings Wortgefechte. Dabei merkt man schnell, dass Buch-Autor George R.R. Martin wieder mehr die Zügel in der Hand hat. Waren die letzten Staffeln von "GoT" sprachlich oft eher einfacher und wenig subtil und überließen der Action die Bühne, könnten einige der Dialoge der neuen Folge auch aus einem Shakespeare-Stück stammen. Das ist durchaus gewollt, wie Martin in einem Interview verriet.
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Ein Sprung durch die Geschichte
Eine weitere Überraschung ist der erste Zeitsprung der Serie. Ganz nebenbei wird erwähnt, dass seit der ersten Folge schon einige Zeit ins Land gegangen ist. Das hatte es so in der Hauptserie nicht gegeben. Die Entscheidung dürfte dem unterschiedlichen Erzählstil geschuldet sein: Während bei "Game of Thrones" immer einfach mal ein Handlungsstrang liegengelassen werden konnte, während ein anderer vorangetrieben wurde, ist das mit dem Fokus auf eine Familiengeschichte schlechter möglich. Dass es noch größere Sprünge geben wird, ist schon bekannt: Rhaenyra und ihre Freundin Alicent Hightower werden jeweils von zwei Schauspielerinnen dargestellt, die jeweils die aktuelle jugendliche und später eine erwachsene Darstellung der Figur übernehmen.
Das ist schade, wenn man bedenkt, wie gut beide ihre Arbeit machen. Vor allem die Darstellerin der jungen Rhaenerys, Milly Alcock, glänzt durch ihre vielseitige Darstellung der komplexen Prinzessin. Und lässt und sowohl ihre verwundbare Seite, als auch viel Selbstbewusstsein gegenüber Gegnern und Untergebenen spüren. So sehr sie in der ersten Folge – vermutlich nicht versehentlich – an ihre Urahnin Daenerys erinnerte: In der neuen Folge ist die Nähe in erster Linie optisch. Und Rhaenyra darf sich ganz alleine beweisen.

Konflikt am Horizont
Was auf sie zukommt, wissen die Leser der Buchvorlage zwar bereits, die Zuschauer bekommen während der jüngsten Folge aber wenigstens langsam eine Ahnung. Immer wieder finden sich kleine Andeutungen und teils sehr offene Warnungen, welche Risse sich durch das Haus ziehen oder sich wenigstens andeuten. Das (neue) Spiel um den Thron – es hat gerade erst begonnen.
"House of the Dragon" läuft in Deutschland bei Sky, jeweils Montags um 20 Uhr. Auf dem Streaming-Dienst WowTV ist die jeweils neue Folge ab Montag Morgen abrufbar.