Peter Shaffers Theaterstück "Amadeus" löste 1979 hitzige Debatten aus. Weil es Wolfgang Amadeus Mozart radikal neu interpretierte und aus dem italienischen Komponisten Antonio Salieri einen Bösewicht machte. Puristen reagierten entsetzt, das Publikum begeistert. 1984 folgte der Kinofilm von Miloš Forman mit Tom Hulce und F. Murray Abraham. Das gefeierte Drama erhielt acht Oscars, darunter als bester Film. Nun kommt der Stoff als Miniserie auf den Fernsehbildschirm.
Mozart geht in Serie
Die Hauptrollen in der britischen Produktion spielen Will Sharpe ("Pflicht und Schande") als Mozart, Paul Bettany ("WandaVision") als Salieri und Gabrielle Creevy ("Black Doves") als Mozarts Ehefrau Constanze. "Amadeus" läuft ab Sonntag (21.12.) auf Sky und dem Streaming-Dienst Wow.
Im Zeitalter des Internets blieb auch die Serienadaption nicht von Kontroversen verschont. Dass der österreichische Musiker von einem britischen Schauspieler mit japanischen Wurzeln verkörpert wird, erzürnte vereinzelte Kritiker. Entgangen war ihnen offenbar, dass "Amadeus" keinerlei Anspruch auf historische Genauigkeit erhebt. Ganz im Gegenteil.
"Bewusst fiktionalisierte Version"
"Es war befreiend, dass es eine bewusst fiktionalisierte Version dieser Figuren und ihrer Beziehung ist", erzählt Sharpe im Interview der Deutschen Presse-Agentur in London. Der 39-Jährige sah sich in erster Linie dem Drehbuch verpflichtet - und weniger der historischen Version. "Ich konnte die Geschichte nachlesen und mir das herausziehen, was hilfreich war – und alles andere ignorieren."
Sharpe überzeugt als respektloses musikalisches Genie, Feierbiest und charmanter Frauenheld, der im Wien des 18. Jahrhunderts - wie einst von Falco besungen - ein populärer Superstar wurde. Ungewollt hilft ihm der tiefgläubige Hofkomponist Salieri bei seinem Aufstieg. Mozart hält ihn für einen Freund, doch Salieri ist von Eifersucht zerfressen und setzt alles daran, das Leben seines vermeintlichen Widersachers zu zerstören.
Paul Bettany brilliert als Salieri
"Ich finde, er ist ein großartiger Bösewicht - die literarische Version von Salieri", sagt Bettany im dpa-Interview. Der 54-Jährige liefert eine grandiose, vielschichtige und packende Performance, die es mit F. Murray Abrahams Oscar-prämierter Darstellung aufnehmen kann. Man spürt die Verzweiflung, kann seine Wut nachempfinden und hat sogar Mitleid mit Salieri.
Dass der echte, musikalisch in Vergessenheit geratene Komponist 200 Jahre nach seinem Tod als Bösewicht weiterlebt, werde in "Amadeus" aufgegriffen, betont Bettany. "Menschen verlieren die Kontrolle über ihre eigene Geschichte. Ich denke, im Verlauf der Serie wird immer deutlicher, dass genau das unser Thema ist."
Sharpe und Bettany liefern sich einen köstlichen Wettstreit als falsche Freunde. Gabrielle Creevy porträtiert Constanze als starke, loyale Partnerin, die maßgeblichen Anteil an Mozarts Karriere hat. In einer Nebenrolle ist Rory Kinnear als musikbegeisterter, aber ahnungsloser Kaiser Joseph II. äußerst amüsant. Er kritisiert Mozart für "zu viele Noten".
Keine Originalschauplätze, aber Originalmusik
Für die neue Adaption von Shaffers Theaterstück zeichnet Joe Barton verantwortlich, Schöpfer des Netflix-Hits "Black Doves". Er hat "Amadeus" einen modernen Anstrich verpasst. Etwas erzwungen wirkt es beim Thema Sexualität, wenn es unnötig explizit und unappetitlich wird. Damit wird offensichtlich auf das jüngere Publikum abgezielt.
Miloš Formans Kinoepos wurde damals in Prag gedreht. Leider wurde auch Bartons Serie nicht in Wien, sondern in Budapest gefilmt. Das ist schade, weil so das Wiener Flair fehlt.
Dafür trägt der Soundtrack umso mehr zur Atmosphäre bei. Mozarts Musik aus Werken wie "Don Giovanni", "Die Hochzeit des Figaro" oder "Die Zauberflöte" und das mitreißende Spiel der beiden Hauptdarsteller machen "Amadeus" zu einem kurzweiligen Vergnügen, sodass man die fünf Episoden schnell durchschauen möchte.