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Rassistische Synchronisation Nach Protest: Netflix vertont "Kevin - Allein in New York" neu

Thelma Buabeng
Die Schauspielerin Thelma Buabeng hat dafür gesorgt, dass Netflix sich mit seinen deutschen Synchronisationen kritischer auseinandersetzt
© Kimi Palme
Im Weihnachtsklassiker "Kevin - Allein in New York" fällt die deutsche Synchronisation stellenweise rassistisch aus - und das, obwohl das Original harmlos ist. Die Schauspielerin Thelma Buabeng machte darauf aufmerksam. Und bekam einen Anruf von Netflix.

Sie gehören zu Weihnachten wie Tannenbaum und Geschenke: Die Filme "Kevin - Allein zu Haus" und "Kevin - Allein in New York" gelten in vielen Familien als Klassiker. 2020 waren sie unter anderem auf Netflix zu sehen. Doch als die Schauspielerin Thelma Buabeng einschaltete, stellte sich bei ihr so gar kein weihnachtliches Gefühl ein - im Gegenteil. Ihr fielen rassistische Übersetzungen in der deutschen Synchronisation auf. Besonders pikant: Sie verglich die entsprechende Szene, die zu Beginn des New Yorker Kevin-Films spielt, mit dem englischen Original - und dort kamen die rassistischen Begriffe überhaupt nicht vor. "Ich war wirklich fassungslos", sagt Buabeng. Auf Instagram machte sie ihrem Ärger Luft.

"Wie kann es sein, dass sich ein deutsches Synchronstudio völlig unnötige rassistische Übersetzungen zu einem Kinder- bzw. Familienfilm ausdenkt? Tatsächlich ausgedacht, denn im englischen Original ist weder die Sprache von dem I-Wort noch vom N-Wort. Das ist an Ignoranz und Respektlosigkeit gegenüber indigenen und schwarzen Menschen gar nicht zu übertreffen", schimpfte sie und zeigte die entsprechenden Passagen im Vergleich.

Tausende Follower reagierten auf den Post und unterstützten ihre Frage an Netflix darin, ob so etwas nicht nachvertont werden könnte. Tatsächlich bekam Buabeng nun einen Anruf vom Streamingdienst. Eine Mitarbeiterin bedankte sich für den Hinweis und entschuldigte sich im Namen von Netflix. Außerdem versprach sie, dass die Passage bei der nächsten Ausstrahlung geändert wird. "Damit hab ich nicht gerechnet", sagt Buabeng, die ihre Reichweite auf den sozialen Plattformen oft auch politisch und aktivistisch nutzt, dem stern. Für sie ist das Gespräch ein wichtiges Signal. "Sowas kann nur verhindert werden, wenn mehr BIPOC ("Black, Indigenous, and people of color", Anm. d. Red.) in den Büros sitzen, die sagen, dass es so nicht geht. Deswegen finde ich es gut, wenn wie im Fall von Netflix uns zugehört wird und wir an den Tisch geholt werden."

Links sitzt eine schwarze junge Frau in einem gelben T-Shirt am Tisch, rechts neben ihr die weiße und blonde Barbie

"Ich bin nicht die Synchron-Polizei"

Leider ist "Kevin - Allein in New York" kein Einzelfall. Als Schauspielerin arbeitet Buabeng manchmal selbst in Synchronstudios und ärgerte sich erst kürzlich, weil sie eine schwarze Frau, die im Original perfektes Englisch sprach, im Deutschen mit Akzent sprechen sollte. Die 39-Jährige weigerte sich. "Wie kommt man denn auf sowas?", fragt sie. Die Synchron-Branche habe oft ein Rassismus-Problem.

In den sozialen Netzwerken bekam Thelma Buabeng durch den Erfolg auch viele Anfeindungen zu spüren. "Ich bin nicht die Synchron-Polizei", sagt sie. "Ich wollte lediglich auf Rassismus in einem Familienfilm hinweisen. Natürlich bin ich grundsätzlich nicht für Zensur. Aber bei Kinderfilmen wie bei Pippi Langstrumpf, oder in ausgedachter Form wie bei Kevin, muss das N-Wort wirklich nicht vorkommen." Als schwarze Schauspielerin wird sie häufig gebeten, sich zu Rassismus zu äußern. Es ist ein Los, das sie sich so nicht ausgesucht hat. Sie tut es trotzdem immer wieder, vor allem, um Vorbild für die jüngere Generation zu sein. 

"Wir leben alle in rassistischen Strukturen, man muss kein Rassist sein, um rassistische Dinge zu sagen. Ich lerne auch immer noch dazu. Das ist oft mühsam und anstrengend. Ich möchte auch nicht immer über Rassismus sprechen, aber die Realität holt mich ein, wenn ich an Weihnachten vorm Fernseher sitze und dieses Wort höre", sagt Thelma Buabeng.

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