"Tatort" aus München Fördern, vögeln, krönen: Batic, Leitmayr und MeToo in der Landwirtschaft

"Tatort: Königinnen" aus München
Die Ermittler Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl, Mitte), Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Kalli (Ferdinand Hofer, r.) gemeinsam mit Organisatorin Sylvia (Veronica Ferres) und der Aichacher Spargelkönigin Luise (Phenix Kühnert, l.)
© BR/Odeon Fiction GmbH/Luis Zeno Kuhn / ARD
Ein Mordanschlag auf den Präsidenten des Bavaria-Bunds führt die Kommissare Batic und Leitmayr in die Welt der bayerischen Produktköniginnen. Sie stoßen auf ein Umfeld, in dem große Träume und widerlicher Sexismus zum Geschäft gehören.
  • 4 von 5 Punkten
  • Veronica Ferres im "Tatort" – das gab's zuletzt 1994

Worum geht's?

Sie sind Botschafterinnen für den Karpfen, die Weißwurst oder das Bier: Beim Königinnentag der bayerischen Produktköniginnen kommen zahlreiche junge Frauen zusammen, die ehrenamtlich für regionale Erzeugnisse werben. Doch das Treffen wird von einem Mordanschlag überschattet: Josef Gehrling (Wolfgang Fierek), dem Präsidenten des Bavaria-Bunds, wurde in seinem Hotelzimmer mit einem Bolzenschussgerät in den Kopf geschossen. Auf der Intensivstation kämpft er um sein Leben. Als die Kommissare Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Ivo Batic (Miroslav Nemec) vor Ort eintreffen, müssen sie sich zunächst mit Sylvia (Veronica Ferres), der Organisatorin des Königinnentages, auseinandersetzen. Sie hat Sorge, dass der Mordversuch ihr Festwochenende überschatten könnte. Als dann herauskommt, dass Gehrling seine Position ausgenutzt und mehrere Königinnen sexuell belästigt hat, hat plötzlich jede der jungen Frauen ein Motiv. Unterstützung erhalten Batic und Leitmayr von Annelie (Daria Vivien Wolf) – die ist nicht nur Nördlinger Zwiebelkönigin, sondern auch Polizeischülerin.

Warum lohnt sich der "Tatort: Königinnen"?

Mit Veronica Ferres und Wolfgang Fierek ist der "Tatort" prominent besetzt. Beide spielen bemerkenswert, auch wenn ihre Figuren keineswegs Sympathieträger sind. Ferres und Fierek geben so etwas wie den Jeffrey Epstein und die Ghislaine Maxwell der Landwirtschaft. Er verkörpert einen widerlichen und einflussreichen Präsidenten, der die jungen Produktköniginnen sexuell belästigt und missbraucht. Sie ist seine rechte Hand, die die Taten toleriert oder sogar fördert und Sätze sagt wie: "Die Mädchen wissen doch, worauf sie sich einlassen, dass es einfach dazugehört. Wer sich die Brüste so hoch schnürt, der verbindet damit eine Absicht." Der Film zeigt MeToo-Fälle in der Agrarindustrie: Junge Frauen, die als Botschafterinnen Produkte anpreisen und dabei selbst behandelt werden wie Waren. Immerhin für etwas positive Stimmung sorgt ein Auftritt der bayerischen Kultband LaBrassBanda.

Was stört?

Der Film (Drehbuch: Robert Löhr, Regie: Rudi Gaul) schwankt zwischen Komik und Tragik. Ein ernstes Thema wie sexuellen Missbrauch auf lustige Art zu erzählen, erscheint an vielen Stellen unpassend. Die Welt der Produktköniginnen sei "ein Spiel mit Mädchenträumen und Männertrieben", sagt Drehbuchautor Robert Löhr. "Wo Machtstrukturen und oft auch Alkohol im Spiel sind, ist die sexuelle Belästigung nicht fern." Ein wenig mehr Ernsthaftigkeit wäre durchaus angebracht gewesen. Überflüssig und albern ist auch die Anspielung auf das Märchen Aschenputtel: Eine der verdächtigen Königinnen verliert ihren Schuh, den am Ende alle Frauen anprobieren müssen.

Die Kommissare?

Für Hauptkommissar Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) ist die Welt der Produktköniginnen völliges Neuland. Sein Kollege Ivo Batic (Miroslav Nemec) hingegen erinnert sich an eine "granatenmäßige Begegnung mit der mittelfränkischen Kartoffelkönigin". Und ihr junger Kollege Kalli Hammermann (Ferdinand Hofer) nutzt das Wochenende auf dem Land nicht nur zum Arbeiten, sondern auch zum Flirten. Leitmayr und Batic treten als alte weiße Männer auch in das ein oder andere Fettnäpfen. Letzterer etwa hat einen Auftritt im weißen Bademantel im Hotelzimmer.

Ein- oder ausschalten?

Aufgrund der Besetzung und des wichtigen Themas ein Fall aus München, den Sie gesehen haben sollten.

Die Kommissare Batic und Leitmayr ermittelten auch in diesen Fällen:

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