Die Show gilt als das letzte Lagerfeuer im deutschen Fernsehen. Als "Wetten, dass ..?" Ende 2014 eingestellt wurde, war nicht mehr als eine schwache Glut übrig geblieben. Und so durfte man im Vorfeld durchaus die Frage stellen, welchen Sinn ein Revival haben sollte. Thomas Gottschalks Neuauflage vom Samstagabend zeigt jedoch: Das Feuer brennt noch immer lichterloh. Rekordverdächtige 13,8 Millionen Menschen wollten dabei sein. Fast jeder zweite Zuschauer entschied sich für die ZDF-Show. Ein Triumph, für den es Gründe gibt.
Natürlich könnte man jetzt aufzählen, was alles schlecht war am Samstagabend: Gottschalk schien schlecht vorbereitet wie eh und je, vergaß Namen, stellte bisweilen unverschämte Fragen und interessierte sich nicht einmal für die Antworten seiner Gäste. Mehrfach musste ihm Co-Moderatorin Michelle Hunziker in die Parade fahren, ansonsten wäre die Show komplett aus dem Ruder gelaufen.
"Wetten, dass ..?" hat schamlos die Uhr zurückgedreht
Überhaupt haben viele Kritiker moniert, dass das "Wetten, dass ..?"-Revival ja nichts Neues gebracht hätte: Udo Lindenberg, Heino Ferch sowie Björn&Benny von Abba: Das hätte man auch vor 30 Jahren schon haben können. Dazu die unvermeidliche Bagger-Wette. Dabei übersehen sie, dass die meisten Zuschauer gerade das gesucht haben dürften. Es ist die Sehnsucht nach etwas Vertrautem und Altbekanntem in einer Welt, die gerade extrem unwirtlich ist.
In Deutschland ist nach 16 Jahren die von vielen zärtlich "Mutti" genannte Kanzlerin abgetreten, ein neuer "Vati" noch nicht gewählt. Während die Temperaturen draußen auf den Nullpunkt fallen, steigen die Corona-Inzidenzen rasant an und zerstören alle Hoffnungen auf ein unkompliziertes Weihnachtsfest mit Eltern und Großeltern. Und in Glasgow tut sich die Weltgemeinschaft wieder einmal schwer, gemeinsame Maßnahmen gegen die Klimakatastrophe zu beschließen.
Reise in die Vergangenheit: Thomas Gottschalk und sein "Wetten, dass ..?"-Comeback in Bildern

Für dreieinhalb Stunden war das am Samstagabend alles vergessen. Viele Zuschauer konnten in eine Vergangenheit eintauchen, wo nicht alles gut, schon gar nicht alles besser war – aber wo Corona noch ein Bier, Donald Trump ein TV-Clown und man selbst mindestens sieben Jahre jünger war.
Ist das die Zukunft des Fernsehens? Auf keinen Fall. Aber, liebes ZDF: Einmal im Jahr solltest du uns diese rückwärtsgewandte Weltflucht ermöglichen. Am Samstag hat eine Volksabstimmung an der Fernbedienung stattgefunden. Das Resultat ist eindeutig: Mach's noch mal, Thommy!
Lesen Sie hier die Erwiderung: Eine "Wetten, dass..?"-Fortsetzung mit Thomas Gottschalk? Bitte nicht!