"Hach, es ist so schön am Pool. Viele Grüße aus der Sonne." In Hamburg beginnen am Montag die Schulferien. Viele sind vor dem Dauerregen der vergangenen Wochen bereits in die Sonne gereist, wie Urlaubsfotos auf Instagram beweisen. Eine Menge Fotos. Doch die Bilder haben angesichts der derzeitigen Weltlage einen faden Beigeschmack. Die "Seht her, ich liege am Strand und lasse es mir gut gehen"-Fraktion scheint auch Urlaub von Empathie und Fingerspitzengefühl zu machen.
Ja, das Leben muss trotz Ukrainekrise weiter gehen. Selbstverständlich gehen wir weiter arbeiten, einkaufen und kümmern uns um unsere Familien. Und nach so vielen schlechten Nachrichten in den vergangenen Tagen hat jeder ein Stück Eskapismus verdient. Sei es beim Bier in der Bar oder beim Tanzen im Club, beim Netflix gucken oder im lange geplanten Urlaub. Allen, die jetzt in die Ferien aufbrechen, wünsche ich von ganzem Herzen schöne Tage und dass sie die Zeit genießen können. Aber bitte ohne auf Urlaubsfotos auf Instagram.
Sein persönliches Glück (oder ist es Angeberei?) derzeit permanent in Sozialen Medien zur Schau stellen zu müssen, löst bei mir Befremden aus. Mitten in Europa ist Krieg. Tausende Menschen sind auf der Flucht, um Putins Raketen zu entkommen. Und ihr postet Fotos vom Pool aus Dubai? Ausgerechnet!
Dubai - noch so eine "lupenreine" Demokratie
Die Dubai-Fraktion macht mich besonders sprachlos. Ich war noch nie in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Was ich höre, soll es da sehr schön sein. Doch wäre es jetzt nicht an der Zeit, seine Reiseziele auch nach politischen Gesichtspunkten zu hinterfragen? Im Familienrecht gilt in den Emiraten noch immer die Scharia. Homosexualität ist illegal und kann mit der Todesstrafe belegt werden. Eine "lupenreine" Demokratie. Kennen wir ja.
2017 fand der Eurovision Song Contest in Kiew statt. Ich habe dort viele Menschen kennengelernt. Einer schrieb mir am Freitag auf Facebook, dass er mit seiner Familie auf der Flucht sei. Auf die Frage, ob ich ihm irgendwie helfen könne, antwortete er: "Geh' bitte auf die Straße und demonstriere gegen Putin und den Krieg." Ich wünschte, ich könnte mehr tun. Vielleicht ist es die eigene Hilflosigkeit, die mich besonders ärgert.
Lustige Urlaubsfotos auf Instagram – danach ist mir jedenfalls nicht. Und ich glaube es täte uns ganz gut, einen Moment innezuhalten und zu sagen: Welch ein Glück, dass wir in Freiheit und Selbstbestimmung leben können. Ganz ohne Pool.