Mit 90 Jahren fühlt sich Kenneth Felts endlich "frei". "Ich bin jetzt frei, all die kleinen und großen Dinge zu tun, die ich schon immer machen wollte, ohne mein inneres Ich um Erlaubnis zu fragen", schrieb Felts in einem Facebook-Post. Im hohen Alter hat er das Coming Out gewagt und sich öffentlich zu seiner Homosexualität bekannt.
Sein ganzes Leben lang hatte er seine wahren Gefühle unterdrückt – zumindest in der Öffentlichkeit. "Jede Entscheidung, die ich getroffen habe, beruhte darauf, ob andere mich als schwul wahrnehmen würden oder nicht", erzählte er. In einem privaten Facebook-Post outete er sich kürzlich vor Freunden und Familie. Die Reaktionen waren äußerst ermutigend für den Mann aus Arvada im US-Bundesstaat Colorado.
Outing mit 90: Die große Liebe ist schon gestorben
"Ich habe es mein ganzes Leben lang geheimgehalten und hatte vor, dieses Geheimnis mit ins Grab zu nehmen", sagte Felts dem in der Sendung "3rd Hour of Today" des US-Senders NBC. Dass er sich für Jungs interessiert, habe er schon im Alter von zwölf Jahren festgestellt – im Jahr 1942. Die streng religiöse Prägung seiner Familie habe aber verhindert, dass er jemals darüber gesprochen habe. Schon damals habe er gewusst, dass Homosexualität in seiner Kultur und Religion "inakzeptabel" gewesen sei, schrieb er auf Facebook.

Vor langer Zeit, in seinen Zwanzigern, hatte Felts sogar eine Beziehung mit einem Mann namens Philipp. Nach neun Monaten aber verließ Felts die Stadt und ließ Philipp zurück. Mit der Hilfe von anderen Facebook-Usern gelang es ihm, herauszufinden, was aus seinem früheren Partner geworden ist: Philipp ist mittlerweile gestorben. "Es ist furchtbar frustrierend, so nah dran zu sein und meine verlorene Liebe dennoch nicht erreichen zu können. Es tut schrecklich weh, sich nicht verabschieden zu können", sagt Felts.
Sein Outing macht vielen Jüngeren Mut
Bis jetzt hat er über diese Erfahrungen mit niemandem gesprochen. Felts heiratete sogar eine Frau und gründete eine Familie. "Wenn man sich outete, kostete es einen alles – seine Familie, seinen Arbeitsplatz, alle sozialen Beziehungen", erinnert er sich an vergangene Zeiten, in denen Homosexualität gesellschaftlich geächtet war.
Vor 25 Jahren erzählte ihm seine Tochter, dass sie lesbisch sei. Doch auch dann rückte Felts noch nicht mit der Wahrheit heraus. Ein Vierteljahrhundert später drehte er den Spieß um – und wird damit zum Vorbild für viele in der jungen Generation. Die haben es heute zwar deutlich leichter als Felts in der Mitte des 20. Jahrhunderts, doch immer noch gibt es gesellschaftliche Vorbehalte gegen Homosexuelle. "Viele sagen mir, dass sie jetzt mehr Mut haben, sich zu outen", erzählt Kenneth Felts.
Quellen: Kenneth Felts auf Facebook / The Denver Channel / "Today"