Auf dem Königsweg Plötzlich salonfähig – uneheliche Fürstenkinder auf dem Weg in die Gleichberechtigung

  • von Catrin Bartenbach
Jazmin Grace und Alexandre Grimaldi
Fürst Alberts uneheliche Kinder Jazmin Grace und Alexandre Grimaldi bei einem Basketballspiel in Monaco
© NorbertScanella/Panoramic / Imago Images
Nachkommen gekrönter Häupter, die nicht aus deren Ehen stammten, hatten meist schwierige Schicksale. Oft verleugnet und vor der Öffentlichkeit versteckt. Jetzt haben sie zunehmend eine Chance auf öffentliche Anerkennung.

Das britische Society Magazin "Tatler", seit 1709 bekannt für seine Berichterstattung über den britischen Adel, widmet seine Titelgeschichte in diesem Monat erstmals dem unehelichen Kind eines Regenten – Alexandre Grimaldi, dem 20-jährigen Sohn von Fürst Albert von Monaco.

Das ist ungewöhnlich, weil die nichtehelichen Nachfahren von Fürsten gern geheim gehalten werden. Kommt deren Existenz doch ans Licht der Öffentlichkeit, ist es meist ein Skandal, begleitet von anwaltlichen Klagen, erzwungenen Vaterschaftstests und reißerischer Berichterstattung auf dem Boulevard. Auch fürchten die Väter wider Willen (denn meist sind es ja männliche und nicht weibliche Monarchen, die "nebenbei" Nachwusch bekommen) natürlich Ärger mit der angetrauten Ehefrau und der blaublütigen Sippe, wenn sie zu den lebenden Beweisen ihre Seitensprünge stehen.

Albert von Monaco und seine Nachkommen

So war es nach der Geburt von Alexandre auch ein Problem für Fürst Albert, wie er mit seinem Sohn und dessen Mutter Nicole Coste umgehen sollte. Die Stewardess französisch-togolesischer Herkunft hatte den damaligen Thronfolger von Monaco im Dienst auf einem Air France-Flug kennengelernt. Es folgte eine mehrjährige heimliche Affäre. Damals war Albert noch nicht verheiratet, befand sich aber schon in einer Beziehung mit der südafrikanischen Leistungsschwimmerin Charlene Wittstock, seiner heutigen Ehefrau. Als Alberts Geliebte schwanger wurde und sein Kind zur Welt brachte, soll er ihr versprochen haben, es so bald wie möglich anzuerkennen und zu versorgen. Doch zunächst konnte er nur den finanziellen Teil seiner Versprechen einhalten. Denn Gerüchten zufolge verbot ihm sein Vater Fürst Rainier, das Kind öffentlich als seines anzuerkennen. 

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Seine Befürchtung war wohl, dass Alexandre aufgrund der damals noch geltenden Thronfolge-Gesetze im Fürstentum tatsächlich einen gewissen Anspruch auf den monegassischen Thron hätte haben können; zumindest, solange kein eheliches Kind von Albert existierte. So kam es, dass der monegassische Thronfolger der Mutter seines Kindes zunächst nur eine standesgemäße Wohnung in Paris und die Ausbildung seines Sohnes bezahlte. Erst als er nach dem Tod seines Vaters 2005 zum Fürsten wurde – und mittlerweile noch ein weiteres Kind aus einer anderen Beziehung mit einer Amerikanerin aufgetaucht war, nämlich Tochter Jazmin Grace, geboren 1992 –, war Albert in der Lage, seine beiden Kinder anzuerkennen. Das unklare monegassische Thronfolgegesetz war zu diesem Zeitpunkt bereits zu Gunsten ausschließlich ehelicher Nachkommen abgeändert worden. Der plötzliche "Familienzuwachs" löste allerdings weder bei seinen Untertanen noch bei Charlène große Begeisterung aus. 

Trotzdem soll sich die Beziehung zwischen Vater und unehelichen Kindern seitdem sehr positiv entwickelt haben. In den vergangenen Monaten gab es auf Social Media immer mal wieder Fotos von gemeinsamen Unternehmungen Alberts mit Alexandre und Jazmin Grace, offensichtlich mit Zustimmung des Fürsten gepostet. 

Albert II. von Monaco mit Ehefrau Charlene und ihren Zwillingen Jacques und Gabriella
Albert II. von Monaco mit Ehefrau Charlène und den gemeinsamen Zwillingen Jacques und Gabriella 
© Daniel Cole/ / Picture Alliance

Nun hat der Fürst aber ja 2011 Charléne geheiratet, sie zur Fürstin gemacht und mit ihr das Zwillingspärchen Jacques und Gabriella bekommen – als legitime Thronfolger. Das Verhältnis der Fürstin zu den unehelichen Kindern ihres Mannes soll Gerüchten aus Hofkreisen zufolge bis heute nicht besonders herzlich sein. Trotzdem gibt es Zusammenkünfte Alberts mit allen seinen Kindern, auch mit Prinz Jacques und Prinzessin Gabriella, beide heute neun Jahre alt. Auch davon gibt es Bilder in den sozialen Medien. Die Botschaft ist deutlich: Der Fürst selbst macht keinen Unterschied zwischen legitim und illegitim, wenn es um seine vier Kinder geht.

Alexandre, zukünftiger Monaco-Botschafter?

Trotzdem überrascht es zunächst doch, dass Alexandre, der sich mit Nachnamen genau wie Schwester Jazmin Grace offiziell Grimaldi nennen darf, aber keinen Titel trägt, nun scheinbar mit Zustimmung seines fürstlichen Vaters, die Öffentlichkeit sucht und dem "Tatler" ein groß angelegtes Interview gegeben hat. 

Jazmin Grace Grimaldi mit ihrem Vater Fürst Albert
Jazmin Grace Grimaldi mit ihrem Vater Fürst Albert 2018 bei einem Tennisspiel in Monaco
© Piovanotto Marco/ABACA / Imago Images

Darin erzählt er begeistert von den großen Plänen, die sein Vater mit ihm habe. Er würde nun bald, nach Abschluss seiner Schulausbildung in London, seinen Wohnsitz nach New York verlegen. Schaut man sich das Fotoshooting zum Interview an, in dem der junge Mann die neueste Mode verschiedenster Designer präsentiert, könnte man vermuten, er strebe eine Karriere als Model an. Doch Alexandre erzählt, dass der Fürst ihn in Monaco bereits in die höchstenn Geschäfts- und politischen Kreise eingeführt habe und seine Ausbildung ihn dazu befähige, ein ernstzunehmender Repräsentant des Fürstentums im Ausland zu sein. Auch findet Alexandre es unangemessen, dass er üblicherweise als unehelicher Nachkomme von Albert bezeichnet wird. 

"Als ich geboren wurde, war keiner meiner Eltern in einer anderen Ehe, sie haben keinen Ehebruch begangen", argumentiert er. Alexandre sieht sich auf Augenhöhe mit der Fürstenfamilie: "Ich möchte mit meinem Vater zusammenarbeiten und { … } ein globaler Botschafter für Monaco werden, internationale Geschäftsinteressen nach Monaco bringen. Darüber habe ich mit ihm gesprochen", so der junge Grimaldi. Er strebt offenbar eine repräsentative Rolle an, die man traditionell eher bei Thronfolger Prinz Jacques sehen würde, der aber ja noch lange nicht alt genug dafür ist.

Delphine von Belgiens erfolgreicher Kampf um Anerkennung

Schwieriger lief es in einem vergleichbaren Fall im belgischen Königshaus: Lange war es in Brüssels besten Kreisen ein "offenes Geheimnis", dass die Bildhauerin Delphine Boël die Tochter von König Albert II. von Belgien sei. Es hieß, sie entstamme einer Affäre, die der König von 1966 bis 1984, damals in einer Ehekrise mit Gemahlin Paola, mit einer belgischen Aristokratin namens Baronin Sybille de Selys Longchamps gehabt habe. Delphine selbst wusste ihre ganze Kindheit und Jugend über nicht, dass Ex-König Albert ihr Vater ist, kannte ihn nur als den netten Bekannten ihrer Mutter, der immer gern mit ihr spielte. Für sie war der geschiedene Mann ihre Mutter, Jacques Boël, ihr Papa. 

Erst mit 18 Jahren erfuhr Delphine von ihrer Mutter von der wahren Identität ihres Erzeugers. Daraufhin kämpfte sie jahrelang vor Gericht um die Anerkennung ihrer verwandtschaftlichen Beziehung zu ihrem biologischen Vater und um den zugehörigen Namen und Titel – und gewann ihr Gerichtsverfahren auf Feststellung der Vaterschaft. Ein 2018 gerichtlich angeordneter DNA-Test war positiv, wie aber erst 2020 öffentlich bekannt wurde. Seit Oktober 2020 kann sich Alberts außereheliche Tochter nun Ihre Königliche Hoheit, Delphine von Sachsen-Coburg und Gotha, Prinzessin von Belgien nennen. Mittlerweile darf sie sogar jedes Jahr bei der Militärparade am Nationalfeiertag mit der Königsfamilie auftreten. 

Albert und Ehefrau Paola ließen sich gar mit leicht verkniffenem Lächeln zusammen mit der neu angenommenen Tochter ablichten. Und aus Hofkreisen hört man, dass diese tatsächlich von ihren royalen Verwandten umfänglich aufgenommen wurde: Wenn eine Feier oder ein Familientreffen im Brüsseler Palast anstehe, würden Delphine, ihr Lebensgefährte und ihre beiden Kinder Josephine und Oscar nun auch immer eingeladen. Also doch ein Happy End für die Königstochter aus einer Nebenbeziehung, wenn auch ein schwer erkämpftes. 

Vorbild in der Geschichte: König Charles II. 

Allerdings gab es auch schon früher in der Geschichte mancher Königshäuser Vorbilder dafür, dass Herrscher ihre außerhalb des Ehebettes geborenen Sprösslinge als ihr Fleisch und Blut anerkannten und sogar mit Titeln, Ehren und offiziellen Aufgaben gewürdigt haben. Charles II., Namensvetter und Vorgänger im Amte des jetzigen Königs von Großbritannien im späten 17. Jahrhundert, war trotz langjähriger Ehe mit einer portugiesischen Prinzessin mit keinen offiziellen Erben gesegnet. Daher ernannte er konsequent alle Söhne, die er mit diversen Mätressen gezeugt hatte, schon in Kindertagen zu Herzögen und sorgte für ihr Fortkommen in der Welt. 

Auch die quasi-royalen Töchter gingen nicht leer aus, wurden vom König anerkannt, erhielten sprechende Kunst-Nachnamen wie "Fitzcharles" oder "Fitzroy" und wurden dann so bald wie möglich mit würdigen Aristokraten verheiratet, sodass angemessen für sie gesorgt war. Besonders einem seiner Söhne mit seiner Lieblingsmätresse, einer französischen Adeligen Louise de Kérouailles, verlieh er nicht nur den Herzogstitel von Richmond und ließ ihm eine Erziehung angedeihen, die jedem Prinzen Ehre gemacht hätte. Später wurde es Charles Richmond auch ermöglicht, auf verschiedenen hohen Posten in der britischen Armee zu dienen und als Vertrauter des späteren Königs William III. zu fungieren.

Fürstliches Zugeständnis an gesellschaftliche Veränderungen?

Insofern ist der Umgang von Fürst Albert von Monaco mit seinem unehelichen Erstgeborenen Alexandre nichts Neues oder Unerhörtes, auch wenn die angedeuteten Pläne, den jungen Monsieur Grimaldi zu einem offiziellen Vertreter des Fürstentums zu ernennen, ungewöhnlich wirken mögen.

Vielleicht hat Albert aber auch nur erkannt, dass es in der heutigen von (sozialen) Medien stark bestimmten Welt sowieso nicht mehr möglich wäre, Kinder aus Seitensprüngen lange zu verheimlichen. Dann lieber die Flucht nach vorn antreten und das royale Potential sinnvoll einsetzen. So wirkt man wie ein moderner Herrscher, der mit der Zeit geht. Denn zumindest in der westlichen Welt sind uneheliche Nachkommen mittlerweile ja vor dem Gesetz meist ehelich geborenen Kindern gleichgestellt, was Versorgungs- und Erbansprüche betrifft.

Daran könnten sich andere Monarchen ruhig mal ein Beispiel nehmen: Bei Ex-König Juan Carlos von Spanien zum Beispiel sollen derzeit noch mindestens zwei ungeklärte Vaterschaftsklagen anhängig sein.

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