Fall Kaufmann Anwälte legen ihr Mandat nieder

Die Anwälte des offenbar unschuldig verurteilten Schauspielers Günther Kaufmann haben ihr Mandat niedergelegt, nachdem dieser angeblich einen 10.000-Euro-Vertrag mit "Bild" abgeschlossen hatte.

Die Verteidiger des möglicherweise unschuldig zu 15 Jahren Haft verurteilten Schauspielers Günther Kaufmann haben am Freitag ihr Mandat niedergelegt. Der Münchner Rechtsanwalt Nikolaus Koehler erklärte, Kaufmann wolle neue Anwälte beauftragen. Koehler äußerte Zweifel daran, dass der 55-Jährige Kaufmann unschuldig an dem Tod seines Steuerberaters ist. "Ich bin froh, dass ich damit nichts mehr zu tun habe", betonte der Anwalt.

Exklusivrechte für "Bild"?

Koehler und der Münchner Staranwalt Steffen Ufer hatten Kaufmann am Donnerstag in der Berliner Haftanstalt Tegel aufgesucht. Der Schauspieler habe sie zu Beginn des Gesprächs vor vollendete Tatsachen gestellt, berichtete Koehler. "Wir haben erfahren, dass seine Tochter mit einem Freund und einem Berliner Zivilrechtler am Vormittag bei ihm war und ihn wohl für 10.000 Euro exklusiv an die Bild-Zeitung verkauft hat", sagte er. Kaufmann habe erklärt, dass ihm die Zeitung neue Anwälte besorgen wolle.

Der stellvertretende Chefredakteur der "Bild"-Zeitung, Tom Drechsler, wies die Darstellung des Anwalts entschieden zurück: "Es gibt keinen Vertrag mit Herrn Kaufmann oder seiner Tochter. Und wir haben auch keine Anwälte angeboten. Es gibt mit Herrn Kaufmann überhaupt keine Vereinbarung."

Anwälte enttäuscht

Kaufmanns Anwälte fühlen sich jedenfalls von dem Schauspieler vor den Kopf gestoßen: "Am Dienstag hat er noch angerufen: Bitte kommt hoch, helft mir, ich bin verzweifelt, ich möchte raus, ich bin froh, dass die Wahrheit ans Licht gekommen ist", berichtete Koehler. Ufer und er hätten daraufhin ihren Urlaub geopfert und seien auf eigene Kosten nach Berlin gefolgen. "Als Mensch bin ich enttäuscht, dass er derart stillos hinter unserm Rücken handelt, obwohl er weiß, dass wir seit zweieinhalb Jahren seine Weggefährten waren und ihn vor Lebenslänglich bewahrt haben", sagte Koehler mit wütender Stimme.

Freispruch keine ausgemachte Sache

Zugleich warnte der Verteidiger vor Spekulationen, dass für Kaufmann ein Freispruch bereits ausgemachte Sache sei. "Das genaue Gegenteil ist der Fall. Das bedarf einer ganz fundierten juristischen Kleinstarbeit." Er glaube nicht, dass sich eine Mordkommission München mit ihren erfahrenen Polizisten oder die Staatsanwaltschaft so einfach zufrieden geben würden, "nur weil drei Räuber festgenommen wurden", betonte Koehler.

Nicht nur die Hintergründe, sondern auch Spuren von Kaufmann würden bald eine große Rolle spielen. Es stehe immerhin fest, dass er zeitnah am Tatort gewesen sei. Zudem habe einer der drei vergangene Woche festgenommen neuen Tatverdächtigen ausgesagt, dass der getötete Steuerberater noch gelebt habe, als sie den Tatort verlassen hätten.

"Wir haben Herrn Kaufmann optimal verteidigt, im Vertrauen darauf, dass uns dieser Mann die Wahrheit sagt", wies Koehler Kritik von Kaufmanns Tochter Eva zurück, die in "Bild" erklärt hatte, der Bruch mit den Münchner Anwälten "war längst überfällig".

"Kaufmann tat uns Leid"

Koehler betonte, bereits im Prozess habe Kaufmann die Anwälte belogen, und sie hätten sogar mitten im Prozess nach eindeutigen Beweisen und Zeugenaussagen als Verteidiger "wie begossene Pudel" da gestanden. "Eigentlich hätten wir schon damals das Mandat niederlegen müssen, aber Kaufmann tat uns Leid."

Für Koehler und Ufer sei der Fall nach Kaufmanns Verhalten nun endgültig abgeschlossen. "Ein Startkapital, wenn er denn rauskommt, hätten wir ihm sicher garantieren können", sagte Koehler. "Wir kamen im Handtäschchen mit Angeboten von 'Stern TV' bis 'Kerner'", fügte er hinzu. Unterdessen kündigte der Berliner Rechtsanwalt Matthias Gerbeit im "Tagesspiegel" an, kommende Woche Kaufmanns neue Anwälte präsentieren zu wollen.

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