So sehen Sieger aus: Als Johnny Depp am vergangenen Sonntag überraschend die Bühne der Sheffield City Hall betrat, wo sein Kumpel Jeff Beck ein Konzert gab, brandete im Publikum großer Applaus auf. Vier Stücke spielten die beiden alten Recken. Depp brachte sein überschaubares Gesangstalent zu Gehör und schrammelte auf der Klampfe, während Beck mit endlosen Solos seine Künste als exzellenter Gitarrist unter Beweis stellte.
Ein ähnliches Bild zeigte sich den Zuschauern an den beiden folgenden Abenden in der Royal Albert Hall in London. Auch da erklomm Johnny Depp ganz selbstverständlich die Bühne, beklatscht von den Zuschauern, als sei nichts gewesen.
Dabei stand zu dem Zeitpunkt das Urteil im Verleumdungsprozess noch gar nicht fest: Würde der Schauspieler von seiner Ex-Frau Amber Heard Geld bekommen - oder müsste er ihr bis zu 100 Millionen Dollar Entschädigung zahlen? Das war zu dem Zeitpunkt noch gar nicht klar. Doch Depp schien das egal zu sein - er ließ sich schon vorab feiern wie ein Sieger. Wohl wissend, dass er die Schlacht um die öffentliche Meinung schon längst gewonnen hatte.
Mindestens ebenso verstörend: Das Publikum schien kein Problem damit zu haben, jemanden zu feiern, der in ihrem Land mit gerichtlicher Billigung als "Frauenschläger" bezeichnet werden darf.
Johnny Depp feiert im Pub
Geradezu absurd dreist das Verhalten Depps am Tag der Urteilsverkündung: Kurz bevor die Jury ihr Verdikt bekanntgab, betrat Depp mit seinen Mitmusikern Sam Fender und Jeff Beck kurz vor der Urteilsverkündung einen Pub in Newcastle und trank dort entspannt Bier. Wie britische Medien berichten, soll er dann später in einer anderen Kneipe auf seinen Sieg angestoßen haben.
Nun ist es natürlich nachvollziehbar, dass bei einem Menschen Freude aufkommt, dem gerade 10 Millionen Dollar zugesprochen wurden. Doch die öffentlichen Triumphgesten, die Depp vor wie nach dem Urteilsspruch immer wieder zeigte, wirken in seinem Fall geschmacklos und deplatziert.
Amber Heard und Johnny Depp: Von der Filmliebe zur Schlammschlacht

Denn, das wurde schon mehrfach angemerkt: In diesem Prozess gibt es keinen Sieger. In den vergangenen sieben Wochen sind so viele unschöne Details über das Privatleben von Depp und Heard ans Tageslicht gekommen, dass keiner von beiden einen Grund hätte, sich für irgendetwas feiern zu lassen. Im Gegenteil: Etwas Demut täte den beiden in einer toxischen Beziehung verbundenen früheren Eheleuten sichtlich gut.
Johnny Depp sieht das offenbar anders. Er hat schon längst seinen nächsten Karriereschritt in Planung: Er will ein Rockstar werden. Den Lebenswandel dazu hat er bereits, auch die Jubelposen beherrscht er - jetzt muss er nur noch singen lernen.