Eigenartige Gruppen lungern derzeit vor einigen Pariser Rathäusern herum: Journalisten und Fotografen, bis an die Nasenspitzen mit Fotoapparaten ausgerüstet, hoffen, den französischen Staatspräsidenten und seine Geliebte beim Heiraten zu erwischen. "Die Chance ist groß, dass sie es erst erfahren, wenn es getan ist", hatte Sarkozy zu Journalisten gesagt, die ihn zu einer möglichen Hochzeit mit Carla Bruni befragten.
Das große Rätselraten - Sind sie schon verheiratet oder nicht? Ist Carla Bruni womöglich schon schwanger? - beherrscht die Diskussionen in den französischen Cafés und Wohnzimmern. Und die Frage, ob das nun ein wichtiges Thema sei oder reiner Voyeurismus. Der Pressesprecher des Elysée-Palastes jedenfalls ließ verlauten, er habe dazu keinen Kommentar abzugeben - was zweierlei bedeuten kann: dass die Hochzeit noch nicht stattgefunden hat, oder dass man sie als Privatangelegenheit des Präsidenten betrachtet.
Zu dieser Frage liegt Sarkozy seit einiger Zeit im Clinch mit den Journalisten. Vergangene Woche warf er ihnen Heuchelei vor. Einer Journalistin, die ihm das Ausschlachten seines Privatlebens vorwarf, riet er sarkastisch, ihre Zeitung möge ihm einfach keine Reporter mehr auf den Hals hetzen. Die Blogs der Medien-Homepages beherrscht die Debatte ebenfalls. "Ist die Heirat Sarkozy - Bruni ein wichtiges Thema?" fragt die Tageszeitung "Libération" auf ihrer Homepage - und es finden sich eine Menge Kommentatoren dort, die sich über das Interesse an Sarkozys Liebesleben entrüstet zeigen, die einschlägigen Artikel aber sehr wohl gelesen haben.
Dass das Liebesleben Sarkozys nicht allein Privatsache ist, weiß man spätestens, seit Saudi-Arabien für den Staatsbesuch einen Präsidenten ohne weiblichen Anhang wünschte. Die protokollarischen Schwierigkeiten der Inder mit der Liebschaft sind auch bekannt - ein klassisches Damenprogramm kann Carla Bruni nur bekommen, wenn sie die Ehefrau ist. Diese kleinen Probleme führen zu einer Frage, die bislang in Frankreichs Medien nicht gestellt wird: Taugt Madame zur First Lady?
Das Image des Präsidenten hat sich verändert
Ob Sarkozy die tiefgreifenden, politischen Veränderungen zuwege bringen wird, die er anstrebt, ist fraglich. Eine Revolution haben er und seine Ex-Frau Cécilia jedoch schon vollbracht: Das Image des Präsidenten und der First Lady haben sich radikal verändert. Volksnäher der eine, volks- und amtsferner die andere. Denn eines hat bereits Cécilia Sarkozy, alles andere als eine Feministin, klargestellt: Die Zeiten, in denen die Präsidentengattin sich die Zeit auf Wohltätigkeitsveranstaltungen vertreibt und ansonsten im Chanel-Kostüm dekorativ herumsteht, sind vorbei.
Was aber passiert, wenn nun Carla Bruni ihrem Credo folgt, dass Polygamie eine gute Sache sei? Diese Frage hat einer von Sarkozys Parteigenossen bang gestellt. Die politisch korrekte Antwort darauf würde lauten, dass auch das keine Rolle spielt. Ebenso wenig wie das schnelle Aus einer überstürzt geschlossenen Ehe. Probleme dieser Art haben die vorherigen Präsidenten elegant umschifft, indem sie ihre Liebschaften geheimhielten. Die Medien spielten mit.
Ob es legitim ist, die unmoralischen Seiten, die menschlichen Schwächen vom Präsidentenamt einfach abzutrennen und sie zur Intimsphäre des Amtsinhabers zu zählen, ist noch nicht geklärt. Bundestagspräsident Thierse brachte das Thema hierzulande auf, als er sich mit dem Hinweis auf Kohls Doppelleben hinter den scheidenden Müntefering stellte. Die Reaktionen zeigten, welches Tabu er angerührt hatte. Auch in Frankreich besteht, bei aller Aufgeregtheit und trotz der zahlreichen Berichte, diesbezüglich einige Konfusion.
Eines allerdings ist auch klar: Die von Nicolas Sarkozy zur Schau gestellte Gleichmut, was die Berichte angeht, ist Heuchelei. Man weiß, dass er aus seinem Urlaub in Ägypten einen Freund anrief, um zu fragen, ob die Fernsehbilder gut gewesen seien. Und er hat die Medien fest in der Hand. Nicht etwa durch Einflussnahme auf befreundete Verleger, sondern, indem er durch seine Hyperaktivität stets neue Themen diktiert. Oder, wie der französische PR-Papst Séguéla sagt, der mit ihm befreundet ist: "Er hat einen Rhythmus wie ein Rapper."