Was hat er sich nur dabei wieder gedacht? Wie die "Sunday Times" berichtet, heuern Prinz Charles und Herzogin Camilla für ihre Kommunikationsabteilung einen ehemaligen Stellvertretenden Chefredakteur der "Daily Mail" an. Qua seiner Rolle ist Tobyn Andrae dafür zuständig, dass sein Boss möglichst gut in der Presse dasteht. Dass dies dringend notwendig ist, liegt auf der Hand. Doch mit einem Gewächs der "Mail" nährt der Thronfolger die giftige Schlange direkt an seiner Brust. Denn die "Daily Mail" ist Großbritanniens größte Boulevardzeitung, die zuletzt gegen Herzogin Meghan einen Prozess wegen Verletzung der Privatsphäre verloren hat. Prinz Harry hat ebenfalls Klage gegen den Verlag eingereicht wegen Verleumdung.
Prinz Charles und die Medien: Wie unparteiisch ist er noch?
Auf familiärer Ebene sendet Charles mit der Neueinstellung ein verheerendes Zeichen. Es wirkt so, als nehme er die Beschwerden gegen die Macher des Blatts und deren Strategie nicht ernst. Stattdessen macht die Entscheidung den Eindruck, als wolle der künftige König davon auch noch profitieren. Sicher, Andrae weiß vermutlich wie kaum jemand, wie der Verlag tickt, was er braucht und nutzt. Dementsprechend kann er Informationen zur besten Zeit auf die beste Weise herausgeben. Doch damit begibt sich Charles in eine Abhängigkeit, die ihn zu Fall bringen kann.
Der Vorwurf, dass er mit seiner Wahl für einen "Daily Mail"-Journalisten seine Unparteilichkeit in Frage stellt, ist nachvollziehbar. Schließlich gibt es daneben weitere große News-Organisationen wie die öffentlich-rechtliche BBC, ITV oder den großen Gegenspieler der "Mail" im Zeitungsgeschäft, die "Sun". Und Charles muss als künftiger König neutral bleiben und darf die Medien nicht gegeneinander ausspielen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Nähe zur "Mail" künftig auswirkt. Aber dem 73-Jährigen sollten die wenig erfreuten Kommentare der britischen Palast-Korrespondenten eine Warnung sein.
Charles' Neueinstellung ist ein Affront gegen Herzogin Meghan und Prinz Harry
Anders sieht es bei der Versöhnung mit seinem jüngeren Sohn und dessen Frau aus. Die Neueinstellung Andreas ist nichts anderes als ein Affront gegen Prinz Harry und Herzogin Meghan. Die 42-Jährige gab Anfang Dezember 2021 ein Statement heraus, nachdem sie den Prozess gegen die "Mail on Sunday" gewann. Darin hieß es: "In den nahezu drei Jahren, seit es begann, war ich geduldig angesichts des Betrugs, der Einschüchterung und kalkulierten Attacken." Sie mahnte, die Boulevard-Industrie zu verändern, "die von Lügen und Schmerz profitieren, die sie kreieren". Es ist kaum vorstellbar, dass der Herzog und die Herzogin von Sussex Andraes Einstellung gutheißen.
Kurios wirkt jetzt die jüngste PR-Aktion des Thronfolger-Teams. Die hatten in der vergangenen Woche Informationen über das Treffen des Prinzen und Camillas mit den Sussex-Kindern durchgestochen. Ganz offensichtlich war die Hoffnung, Charles als liebenden Opa zu porträtieren und damit zu übertünchen, dass gerade erst herausgekommen war, dass er insgesamt drei Millionen Euro in Koffern und Tüten von einem katarischen Scheich angenommen hatte.
Dass die britischen Royals die Medien brauchen, wie die Luft zum Atmen, ist klar. Sie sind nur dann relevant, wenn sie in der Öffentlichkeit stattfinden. Die Frage ist, wie nahe Medienvertreter dem künftigen Monarchen kommen und Zugriff auf privateste Informationen haben – und nicht zuletzt die Strategie des Königshauses mitprägen.