Was macht eigentlich ... ... Claudia Cardinale?

Die frühere Schönheitskönigin ist neben Sophia Loren und Gina Lollobrigida eine der großen italienischen Filmdiven. 2002 erhielt sie auf der Berlinale den "Goldenen Bären" für ihr Lebenswerk.

Signora Cardinale, Sie sind zurzeit mit Tennessee Williams' Theaterstück "Die Glasmenagerie" in Italien auf Tournee. Haben Sie noch Lampenfieber?

Und wie! Ich komme immer drei Stunden vor Beginn der Aufführung ins Theater, setze mich hinter den Vorhang auf die Bühne und sage meinen gesamten Text auf - bis ich entspannt bin. Wenn ich anfange zu gähnen, bin ich bereit.

Mit 61 standen Sie erstmals auf der Bühne. Wollten Sie noch mal etwas Neues wagen?

Ich liebe das Risiko. Im Jahr 2000 gab ich mein Debüt in Paris, jetzt bin ich schon bei meiner vierten Inszenierung. Es war eine ganz neue Erfahrung, denn anders als beim Film kannst du ja nichts wiederholen, wenn etwas schiefgeht. Aber ich liebe es, Charaktere darzustellen, die vollkommen anders sind als ich. So wie die hysterische Mutter Amanda, die ich gerade spiele. Aber das ist natürlich kein Abschied vom Filmgeschäft.

Interessante Rollen für Frauen in Ihrem Alter sind aber immer seltener.

Stimmt! Heute zählt nur das Geschäft, der Film bringt uns nicht mehr zum Träumen. Ich hatte das Glück, meine Karriere zu beginnen, als das italienische Kino mit 300 Produktionen pro Jahr seinen Höhepunkt hatte. Da gab es tolle weibliche Rollen. Ich habe mit Visconti und Fellini gearbeitet. Heute noch lese ich in ihren Drehbüchern und staune, wie gut sie geschrieben waren.

Visconti hatte eine brüske Art. Zu Ihnen aber war er geradezu zärtlich. Wie haben Sie ihn bezähmt?

Er mochte Frauen nicht besonders und konnte sehr hart sein, aber wir hatten einfach einen Draht zueinander. Wir unterhielten uns nur auf Französisch, sind viel gemeinsam gereist - wie zum letzten Konzert von Marlene Dietrich in London.

Zur Person

Claudia Cardinale, 1938 in Tunis geboren, wollte nach der Schule Lehrerin werden. Doch 1957 gewann sie bei einem Schönheitswettbewerb eine Reise zu den Filmfestspielen in Venedig - und wurde entdeckt. Erste große Erfolge in "Rocco und seine Brüder" (1960). Fellinis "81/2" und "Der Leopard" folgten 1963. Mit ihrem Lebensgefährten, dem Regisseur Pasquale Squitieri, hat sie eine Tochter; Sohn Patrick, heute Schmuckdesigner in New York, stammt aus einer früheren Beziehung.

Sie mussten auf Fellini und Ihre Rolle in "81/2" warten, um Ihre Stimme im Kino zu hören, bis dahin wurden Sie synchronisiert.

Das war furchtbar, ich erkannte mich in meinen eigenen Filmen nicht wieder. Aber mein Italienisch hatte eben einen französischen Akzent und dazu ein raues, dunkles Timbre. Ich war als Kind extrem schüchtern, habe sehr wenig gesprochen. Deshalb haben sich wohl meine Stimmbänder nicht vollständig entwickeln können.

Sie haben sich nie vor der Kamera ausgezogen. Hatten Sie Scheu?

Nein. Aber ich verkaufe meinen Körper nicht! Es ist doch viel erotischer, keine Haut zu zeigen, sondern Sex nur anzudeuten. In "Spiel mir das Lied vom Tod" gibt es so eine Liebesszene mit Henry Fonda, wo nichts bis auf meinen bloßen Rücken gezeigt wird, aber alles gesagt ist.

Sie gelten als eine der schönsten Frauen des 20. Jahrhunderts.

Ich weiß, dass ich fotogen bin. Aber schön? Wichtiger ist mir die Sympathie der Zuschauer. Die macht mich glücklich. Ins Theater kommen so viele, um mich zu sehen! Ich bekomme auch haufenweise Briefe, am meisten aus Deutschland. Wie verrückt: Ein junger Mann hat mir geschrieben, dass er mit mir leben will - und dabei gar nicht gemerkt, dass ich schon so alt bin.

Sie leben in Paris und Rom. Wo fühlen Sie sich zu Hause?

In Paris bin ich freier, lebe ganz einfach, ohne Chauffeur und Bodyguard. Ich gehe gerne allein durch mein Viertel Marais oder an der Seine spazieren. Die Leute schauen, grüßen, aber fassen mich nicht an. In Italien dagegen werde ich nicht in Ruhe gelassen.

Ihr Lebensgefährte, der Regisseur Pasquale Squitieri, wohnt in Rom. Ist es nicht etwas mühsam, jedes Mal ins Flugzeug steigen zu müssen, wenn man sich treffen will?

Ich habe mein Leben lang aus dem Koffer gelebt. Pasquale ist ein freier Mensch - wie ich. Anders können wir uns das gar nicht vorstellen.

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Interview: Luisa Brandl

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