Was macht eigentlich... ...Trude Unruh?

Die ehemalige Bundestagsabgeordnete kämpft seit 30 Jahren mit den Grauen Panthern für mehr Generationsbewusstsein in der Politik.

Frau Unruh, war es mutig oder dämlich von Gerhard Schröder, die Neuwahlen einzuleiten?

Es war gerissen. Er wusste nicht mehr weiter und dachte: Vielleicht klappt es so doch noch mal. Aber mit Gysi und der PDS in dem Linksbündnis hat er nicht gerechnet.

Wäre Ihnen Angela Merkel als Kanzlerin lieber?

Ach, das ist mir völlig wurscht. Politik darf doch nicht von einer Frau oder einem Mann abhängen. Dann können die Parteien einpacken.

Von Ihren Grauen Panthern hört man sowieso nichts mehr.

Ja, aber das liegt nicht an uns, das liegt an den lieben Onkels vom Fernsehen und vom Rundfunk, die nix mehr wissen wollen von der Grauen-Panther-Bewegung.

Oder die Grauen waren doch nur eine kurze Modeerscheinung.

Aber es ist doch viel passiert. Wir haben überlegt, wie das mit der Rente anders werden kann, mit der Gesundheitsreform, mit der Steuerreform. Die Grauen Panther waren so gut, dass man gesagt hat: Ihr habt wunderschöne Sachen gemacht, die übernehmen wir, und dann seid ihr überflüssig. Und vor allem seid ihr die krüppeligen Alten. Das ist werbetechnisch so aufbereitet worden, dass man sich schämte, ein Grauer Panther zu sein. Wenn wir Zettel verteilen, dann sagen die Leute: Nee, nee, so alt sind wir noch nicht.

Vielleicht sollten Sie im Trudemobil durch den Wahlkampf fahren.

Das habe ich schon gemacht. Ich hatte so einen Übertragungswagen dabei, und dann wurde da schön laut gebrüllt: Trude Unruh kommt! Vielleicht kann ich auch mal damit werben, dass ich ins Guinness-Buch der Rekorde gehöre.

Warum das?

Wegen meiner vielen Parteizugehörigkeiten. Ich war ja in der SPD, in der FDP, der Grünen Aktion Zukunft und in einer Bürgerpartei. Als Parteilose bin ich in der Bundestagsfraktion der Grünen gelandet. Und dann habe ich ja selber eine Partei gegründet.

Waren die Parteien so austauschbar oder Sie so unschlüssig?

Nee, überhaupt nicht. Ich habe einfach immer überall gesagt, was mich gestört hat. Ist doch klar, dass das nicht allen passt. Ich war ja noch nie schüchtern.

Zur Person

1925 in Essen geboren, wuchs sie bei den Großeltern auf. Nach der Schule begann Unruh bei Krupp zu arbeiten, wo sie es bis zur Chefsekretärin brachte. Später betrieb sie mit ihrem Mann und den zwei Söhnen eigene kleine Firmen. 1968 zog sie mit der Familie nach Wuppertal. Seitdem politisch aktiv, zunächst in der SPD, später bei der FDP. 1975 gründete sie den Senioren-Schutzbund "Graue Panther", aus dem "Die Grauen" als Partei mit heute 8000 Mitgliedern hervorgingen.

Sie haben im März 2000 gesagt, Sie wollten binnen zwei Jahren abtreten. Jetzt sind Sie immer noch Parteivorsitzende.

Das lag nicht an mir. Ich suche ständig Nachfolger. Und zu tun habe ich genug: die Bildungswerke, die Trude-Unruh-Akademie, meine Stiftung.

Wie viele Stunden arbeiten Sie am Tag?

Och Gott. Sechzehn? Zwischendurch lege ich mich jetzt auch mal hin. Aber ich denke auch im Halbschlaf an Politik.

Haben Sie gar keine Freizeit?

Ich will keine. Lesen, denken ist für mich Freizeit. Das ist doch Urlaub.

Und spazieren gehen?

Trude geht spazieren? Da bin ich schon früher lieber zu Hause geblieben.

Können Sie sich vorstellen, mal in ein Altersheim zu gehen?

Ich habe meine Vorsorge getroffen mit Menschen, die mir auch helfen, wenn ich nicht mehr will oder nicht mehr kann. Ich bin ja immer unabhängig gewesen und dynamisch in der Politik, und so dynamisch möchte ich auch sterben. Wie viel Prozent erwarten Sie für die Grauen bei der Bundestagswahl? Ich erhoffe mir immer fünf.

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Marc Schürmann

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