Der frühere Bibelverkäufer gründete 1974 das Pornomagazin Hustler. Vier Jahre später wurde er von einem Rassisten niedergeschossen und sitzt seither in einem goldenen Rollstuhl.
Zur Person
Larry Flynt, 60, lebt mit seiner Ehefrau Liz in Los Angeles, wo er seinen Verlag hat. Flynt gibt 30 Magazine heraus - unter anderem über Computer und Bootfahren. Der umtriebige Millionär wird seit vielen Jahren für seine sexuellen und politischen Provokationen angefeindet, mit denen er gegen das seiner Ansicht nach »verlogene Establishment« zu Felde zieht, Doppelmoral von Kirche und Politik geißelt oder wahlweise Minister, Prediger oder Präsidenten beleidigt. 1978 wurde Flynt vor dem Gericht von Lawrenceville, Georgia, niedergeschossen, wo er sich wegen Verbreitung unzüchtiger Schriften verantworten musste. Seit dem Attentat ist Flynt hüftabwärts gelähmt.
Diese Woche werden Sie in Berlin auf der Erotikmesse »Venus« für Ihr Lebenswerk ausgezeichnet. Fühlen Sie sich sehr geehrt?
Wenn einen jemand für sein Lebenswerk ehrt, fühlt man sich vor allem erst mal alt.
Früher wurden Sie pausenlos vor Gericht gezerrt. Ende vergangenen Jahres haben Sie nun selbst geklagt - gegen Ihre eigene Regierung. Worum geht's da?
Wir verklagen das Pentagon, weil Reporter besseren Zugang zu den Schlachtfeldern von Afghanistan bekommen müssen. Im Fernsehen oder in der Zeitung hat man den Eindruck, die Journalisten sind mittendrin im Geschehen. Dabei sind sie weit weg. Die Regierung darf es einem Reporter nicht verbieten, nahe ranzugehen.
Damit der dann ausgerechnet im »Hustler« über Afghanistan berichten kann?
Im »Hustler« gibt's nicht nur Sex-Geschichten. Wir hatten seit 1995 schon einige Artikel über Afghanistan. Außerdem führe ich diese Klage nicht nur für mich, sondern für die Pressefreiheit.
Und wie steht es um die in Amerika?
Seit dem Vietnamkrieg behandeln die US-Präsidenten die Presse nicht mehr als Partner, sondern als Gegner. In Panama und am Golf durften sich Reporter nicht mehr frei bewegen. Afghanistan ist für mich der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Ich bin überzeugt, wenn ich diese Klage gewinne, gewinnen alle.
Werden Sie von anderen Verlegern unterstützt?
Nein. Die Vertreter der Mainstream-Presse betrachten mich nicht als ihresgleichen und wollen nicht mit mir in Verbindung gebracht werden.
Das ist ein Haufen Feiglinge, die Angst haben, es sich mit der Regierung zu verderben und keine Interviews mit George und Laura mehr zu bekommen.
Und Sie?
Ich breche seit 30 Jahren Brücken hinter mir ab. Und ich bin bereit, für diese Sache bis vor den Obersten Gerichtshof zu ziehen.
Was muss man für so eine Klage anlegen?
Eine Menge. Der Richter, bei dem wir die Klage eingereicht haben, verschleppt die Sache bisher. Wir wollen jetzt in die nächste Instanz gehen - damit es noch zu einer Entscheidung kommt, bevor der Krieg vorbei ist. Bisher habe ich etwa 200 000 Dollar für diesen Fall ausgegeben, das wird noch mehr werden, vielleicht sogar sehr viel mehr. Als ich 1988 den Prozess gegen den Reverend Falwell gewann, kostete mich das zwei Millionen Dollar.
Falwell hatte Sie wegen einer Satire im »Hustler« verklagt, der Prozess gilt als Meilenstein im US-Presserecht. Haben Sie Ihren Kampf gegen die Moralapostel endgültig gewonnen?
Wir haben eher eine Patt-Situation. Unter Clinton waren die Zeiten ganz gut, aber Bush und sein ultrakonservativer Justizminister Ashcroft werden sich Leuten wie mir wieder widmen, sobald der Krieg vorbei ist.
Ein Thema gäb's: Früher druckte der »Hustler« nackte Frauen, heute harten Porno.
Das hat nichts mit Pressefreiheit zu tun, sondern allein mit der Orientierung am Markt. Und die Leser wollen heute eben lieber richtigen Porno.
Es gibt diesen Spruch, dass Pornografie erst dann wieder interessant wird, wenn jemand ein drittes Geschlechtsteil erfindet.
Auf eine gewisse Art ist da schon was dran. Sex ist immer noch das Gleiche wie vor Tausenden von Jahren. Aber solange es bekleidete Körper gibt, wird es auch Leute geben, die ein Foto sehen wollen, auf dem diese Körper unbekleidet sind.
Interview: Andreas Hutzler