Nathan Clark Wer steckt hinter dem Desert boot?

Von Cathrin Wißmann
Unverwüstlich der Mann, unverwüstlich sein Werk: 1949 entwarf der britische Schuhmacher den Stiefel mit breiter Kreppsohle, der zum Klassiker wurde.

Am besten kippt man ein Glas Bier drüber und trampelt anschließend auf dem Leder herum. Der Desert Boot sieht erst richtig gut aus, wenn er speckig und abgewetzt ist. Schließlich verdankt er seinen Namen seiner Unverwüstlichkeit. So robust wie der Halbstiefel mit derber Kreppsohle ist auch sein Schöpfer. Nathan Clark, der aus der gleichnamigen britischen Schuhdynastie stammt, ist 92 und denkt nun gar nicht an Ruhestand. In seiner Wahlheimat New York tüftelt der rüstige Herr noch immer an neuen Modellen und Mustern. "Vielleicht schaffe ich es, an den Erfolg meines Desert Boots anzuknüpfen", sagt Clark.

Erfunden hat er ihn nicht wirklich, eher entdeckt. Während des Zweiten Weltkriegs war Clark als britischer Offizier in Hinterindien, wo Soldaten der Achten Armee eine Art Urmodell aus Wildleder trugen; sie hatten sich ihre Schuhe auf einem Basar anfertigen lassen. "Ich war überzeugt, dass sich dieser Militärstiefel auch für die Freizeit eignen würde", erzählt er. Seine Familie, die schon seit 1825 Gesundheitsschuhe produzierte, war anderer Meinung. "Der verkauft sich nie", lautete ihr strenges Urteil. Doch Clark ließ sich nicht entmutigen. Mit einem selbst gefertigten Prototyp reiste er 1949 zu einer Messe in Chicago - und mit massenhaften Aufträgen wieder ab.

Schuh einer Generation

Über 12 Millionen Mal wurde der Wüstenschuh seither verkauft. Insbesondere in den 60ern und 70ern traf er den Nerv einer ganzen Generation. Amerikanische Studenten trugen ihn, ebenso die englischen Mods. In Deutschland waren es vor allem die 68er, die Gefallen an dem kernigen Stiefel fanden. Studentenführer Rudi Dutschke ging mit ihm auf die Straße, auch der junge Andreas Baader schmückte sich damit.

Beworben wurde der Schuh damals mit dem Slogan "The off-beat casual for the up-beat intellectuals", aber der Treter für "coole Intellektuelle" wurde in den Folgejahren zum Treter für jedermann, getragen in Beamtenstuben, Lehrerzimmern, Versicherungsbüros, Provinzstädtchen. Als der Desert Boot so seinen rebellischen Charme verloren hatte, gingen die Umsätze zurück.

Zurück zu den Wurzeln

Der Wüstenstiefel wäre kein Klassiker, wenn er die Durststrecke nicht überlebt hätte. Bei Clarks besann man sich 2005 wieder auf das, was den Schuh einmal ausgezeichnet hatte: seine Beständigkeit und Herkunft. Um dem Schuh etwas Nostalgisches zu geben, entwarf man ein neues Logo, auf dem der Union Jack und der Aufdruck "Originals since 1950" zu sehen sind. 110 Euro kostet heute das Stück britischer Geschichte, das allerdings nicht mehr in Somerset, sondern in Vietnam produziert wird. Dort läuft der Desert Boot größtenteils in Beige, Braun und Schwarz vom Band. "Die Farben lassen sich am besten kombinieren, egal, ob zum Anzug oder zur Jeans", sagt Clark.

Dass der Schuh vielseitig einsetzbar ist, haben auch Marken wie Jil Sander, Bally oder Diesel entdeckt, die ihre Kollektionen mit ähnlichen Modellen schmücken. Nathan Clark stören die Nachbauten keineswegs. "Ich sehe es als Kompliment. Schließlich habe ich ihn damals auch kopiert."

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