Tom Ford ist wieder da. Und diesmal wird er selbst zur Marke. Vergangene Woche, genau ein Jahr nachdem der ehemalige Gucci- und Yves-Saint-Laurent-Designer die internationale Modebühne verlassen hatte, kündigte er die Gründung seiner eigenen Firma an: das Multi-Luxuslabel "Tom Ford". An seiner Seite ist Domenico De Sole, der gemeinsam mit Ford Gucci zum drittgrößten Luxuslabel der Welt formte. Ihr erster Coup ist ein Vertrag mit dem amerikanischen Kosmetikkonzern Estée Lauder.
Mr. Ford, vor einem halben Jahr sagten Sie dem stern, dass Sie genug von der Modewelt hätten und all ihre Energie ins Filmgeschäft stecken wollten. Warum sind Sie so schnell rückfällig geworden?
Rückfällig? Uh, das klingt ja, als sei ich ein Abhängiger! Zunächst mal ist mein neues Projekt nicht mit den vergangenen Jahren zu vergleichen. "Tom Ford" wird das erste wahre Luxuslabel des neuen Jahrtausends werden. In Kooperation mit dem Kosmetikkonzern Estée Lauder wird es noch in diesem Jahr eine "Tom Ford for Estée Lauder"-Kosmetiklinie geben, im nächsten Jahr dann meine eigene Tom-Ford-Beauty-Linie. Außerdem produziert der italienische Brillenhersteller Marcolin eine Sonnenbrillen-Kollektion für mich.
Und was ist mit einer Modekollektion?
Nun, wir werden sehen. So was macht man nicht nebenbei. Das braucht Zeit ...
"Erstes wahres Luxuslabel des neuen Jahrtausends" - was meinen Sie damit?
Können Sie mir irgendein relevantes Luxuslabel nennen, das in diesem Jahrtausend gegründet worden ist? Die meisten der heute als Luxusmarken bezeichneten Häuser stammen aus dem letzten Jahrhundert. Dazu kommt, dass das, was Domenico und ich bei Gucci geschaffen hatten, Luxus für jedermann war. Ja, regelrechter Massen-Luxus, geradezu inflationär. Jetzt geht es mir um etwas anderes.
Nämlich?
Um Produkte mit Persönlichkeit, um Dinge, in die all meine Leidenschaft und mein Talent fließen. Ich habe das Gefühl, die Menschen suchen nach echter Qualität, nach Dingen, die Bestand haben. Sicher werden einige dieser Produkte etwas teurer sein, und die Zielgruppe wird entsprechend kleiner. Doch glücklicherweise muss es mir nicht mehr primär darum gehen, möglichst viel Geld zu verdienen.
Dennoch sind Sie wieder eine Koalition mit einem Großkonzern eingegangen.
Unsere Allianz ist in keiner Weise mit den Bedingungen zu vergleichen, unter denen Domenico und ich bei Pinault-Printemps-Redoute gearbeitet haben. Lauder ist ein Familienunternehmen, das sich sehr viel Gedanken um seine Produkte macht. Mein vorrangiges Ziel ist aber ganz klar, mit Estée Lauder die Tom-Ford-Linie zu produzieren und zu vermarkten - eine eigenständige, unabhängige Firma. Tom Ford gehört zu 100 Prozent Domenico und mir. Kein Investor, kein Vorstand, der uns in unsere Geschäftsstrategie hereinquatscht.
Ein Desaster, wie Sie es bei PPR erlebt haben, ist also ausgeschlossen?
Absolut! Wenn ich jemals wieder im Beauty- und Modebusiness arbeite, dann nur unter eigener Regie.
Der Estée-Lauder-Konzern
Amerikas größter Kosmetikkonzern wurde 1946 vom Ehepaar Estée und Joseph Lauder in New York gegründet. Deren Geschäftssinn und Gespür für Trends und Marketing machte die Marke zu einem Imperium, das heute mit eigenen Produkten und zahlreichen Lizenz-Linien (darunter Clinique, Aveda und MAC) weltweit fast sechs Milliarden Dollar Jahresumsatz erzielt. Die Firmengründerin starb 2004, heute wird der Konzern von Enkel William Lauder geleitet. Enkelin Aerin ist Kreativchefin und verantwortlich für die Tom-Ford-Linie.
Was werden Sie für Estée Lauder bis Weihnachten produzieren?
Ich werde in die Lauder-Archive steigen, am Markenimage arbeiten und mit einer Produktlinie auf den Markt kommen, die den Glamour und die Qualitäten vergangener Jahrzehnte in neuer Verpackung wiederaufleben lässt. Meine Großmutter liebte "Youth Dew", ein entzückend designter Lauder-Duft, und es gibt tolle Lippenstift-Verpackungen aus den 60ern und 70ern ... Sie werden überrascht sein!
Nachdem Sie der Modewelt den Sex zurückgebracht haben, ist nun also die Kosmetikindustrie dran?
Es ist definitiv Zeit, das jemand das Beauty-Business aufmischt. Es gibt momentan niemanden, der dort das Prädikat "sexy" für sich in Anspruch nimmt. Calvin-Klein-Produkte standen dafür, aber das ist vorbei. Mir schwebt allerdings nicht der offensive Sex aus Gucci-Zeiten vor. Es geht mir mehr um Sinnlichkeit. Ich werde schließlich auch nicht jünger ...
Wo werden Sie leben und arbeiten?
Unser Design-Studio wird in London sein, die Zentrale in Los Angeles, wo auch meine Filmfirma sitzt. Mein Freund Richard hat seinen eigenen kleinen Verlag gegründet, und wir führen jetzt ein halbwegs normales Leben.
Richtig glücklich waren Sie nicht in den Monaten, als es ruhiger um sie war, oder?
Vielleicht hat mir der Rummel tatsächlich gefehlt. Vor allem aber habe ich die Möglichkeit vermisst, meine Kreativität und meine Konzepte in konkretes Design umzuwandeln. Ich verfolge mit großer Kraft mein Filmprojekt, aber Filme zu machen braucht Zeit. Das Hollywood-Business hat ein anderes Tempo als die Modewelt. Das habe ich erst lernen müssen.
Wie steht's denn mit dem Filmemachen?
Ich habe eine Produktionsfirma gegründet: "Fade to black". Wir arbeiten an der konkreten Umsetzung einer Idee. Nach langem Suchen habe ich das richtige Drehbuch und den richtigen Produzenten gefunden, jetzt sind wir dabei, neue Wege in der Finanzierung zu gehen. Ich hoffe, dass ich in Kürze damit an die Öffentlichkeit treten kann.