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"ItsMarvin" Wegen Hehlerei verdächtigt: Wie sich dieser Youtuber gegen Ermittlungen der Polizei wehrt

Youtuber
Heftiger, gemeiner, geschmackloser: Um Aufmerksamkeit zu erregen, greifen manche Youtuber zu extremen Mitteln.


Doch die Jagd nach Klicks und Abonnenten kann durchaus ernste Konsequenzen nach sich ziehen.


Der spanische Youtuber ReSet gibt einem Obdachlosen 2017 einen mit Zahnpasta gefüllten Oreo-Keks.


Der Mann muss sich im Anschluss übergeben – und der Youtuber veröffentlicht die demütigende Szene auf seinem Kanal.


ReSet, der eigentlich Kanghua Ren heißt, soll mit dem geschmacklosen Scherz etwa 2000 Euro verdient haben.


2019 folgt vor Gericht dann das Nachspiel:


Der Youtube-Star wird zu 15 Monaten Haft verurteilt und muss 20.000 Euro an den Obdachlosen zahlen.


Außerdem darf Ren seine Social-Media-Kanäle fünf Jahre nicht benutzen.


Ob er die Haftstrafe tatsächlich antreten muss, ist allerdings fraglich.


Doch das ist nicht der einzige Fall, bei dem Youtuber Grenzen überschreiten.


Ende 2017 veröffentlicht der US-Youtube-Star Logan Paul ein Video, in dem er im japanischen Wald Aokigahara die Leiche eines Suizid-Opfers entdeckt.


Paul entschuldigt sich nach drastischer Kritik an dem Video für das Filmen und die Veröffentlichung des Materials.


Youtube straft den Star ab. Er wird vom "Google Preferred"–Programm für beliebte Kanäle ausgeschlossen.


Zudem werden zukünftige gemeinsame Projekte auf Eis gelegt.


Der schwedische Youtuber Pewdiepie erhitzt im Januar 2017 mit einem Video die Gemüter, das zwei von ihm bezahlte, tanzende Männer mit einem Schild mit der Aufschrift "Tod allen Juden" zeigt.


Auch wenn der Internet-Star sich anschließend vom Antisemitismus distanziert, folgen Konsequenzen.


Google und die Disney-Tochter Maker Studios kündigen ihre Verträge mit dem Youtuber.


Auch sein Kanal wird aus dem "Google Preferred"-Programm für beliebte Kanäle genommen.


Doch auch in Deutschland haben Streiche auf Youtube Konsequenzen.


2017 wird der deutsche Youtuber ApoRed zu einer Bewährungsstrafe von sieben Monaten und 200 Sozialstunden verurteilt.


Der Grund: Er verängstigt Passanten durch das Werfen einer angeblichen Bombe.


2018 wird der Youtuber Leon Machère vom Amtsgericht Hamburg zu einer Geldstrafe von 25.000 Euro verurteilt.


Er spielt Polizisten vor, Graffiti zu sprühen, benutzt jedoch lediglich Kältespray.


Außerdem verkleidet er sich selbst als Polizist, um Passanten reinzulegen.


Die rechtlichen und geschäftlichen Folgen der Videos zeigen, dass selbst in einem sehr kreativen Umfeld moralische Standards einzuhalten sind.

Nachdem bei der Hamburger Polizei mehrere Funkgeräte gestohlen und später online verkauft wurden, fiel der Verdacht auf einen bekannten Youtuber. Aber der will das nicht auf sich sitzen lassen.

Der 28-jährige Marvin aus dem nordrhein-westfälischen Bottrop kennt sich mit Technik aus: Wer "ItsMarvin" auf Youtube folgt, kann ihm beim Umrüsten von Krankenwagen und dem Aufmotsen eines alten Streifenwagen für eine Filmproduktion zuschauen. Sein Equipment kauft der junge Mann, wie er in seinen Video selbst sagt "bei ebay Kleinanzeigen". Doch das wurde ihm möglicherweise zum Verhängnis, denn der Youtuber ist seit einigen Monaten Teil von Ermittlungen der Polizei und der Staatsanwaltschaft Hamburg. Es geht um gestohlene Funkgeräte im Wert von mehreren tausend Euro.

Und wie es sich für einen Youtuber gehört, veröffentlichte Marvin dazu am vergangenen Sonntag ein Video für seine über 390.000 Follower. Den Clip mit dem Titel "Polizei Hamburg vermisst Funkgeräte – Hausdurchsuchung" haben seitdem schon über 350.000 User gesehen, es finden sich über 1500 Kommentare. In knapp zwölf Minuten erzählt der 28-Jährige seine Version einer Geschichte, die im Februar dieses Jahres bekannt geworden war: Wie die "Hamburger Morgenpost", "Spiegel Online" oder auch das "Hamburger Abendblatt" berichteten, waren mehrere Funkgeräte aus Polizeiwachen in Hamburg entwendet und online zum Verkauf angeboten worden.

Geräte mit Zugang zum Polizeifunk

Die Krux bei der Geschichte war jedoch nicht nur der Diebstahl: Mit den Geräten wurden offenbar auch die dazugehörigen Karten des Bundesministeriums für Sicherheits- und Informationstechnik (BSI) gestohlen, die darin verbaut sind. Die Karten ermöglichen es dem Benutzer, Zugang zu sogenannten geschützten Informationsbereichen zu bekommen und zum Beispiel Polizeifunk abzuhören. Die Staatsanwaltschaft verdächtigte damals zwei Beamten und mehrere Komplizen. In manchen Berichten hieß es zudem, dass auch ein bekannter Youtube-Star in die Sache verwickelt gewesen sei, es habe Hausdurchsuchungen und Festnahmen gegeben.

Und genau dieser Youtuber, bei dem es sich offensichtlich wirklich um "ItsMarvin" handelte, macht die Geschichte jetzt erneut öffentlich. Sein Vorwurf: Die Ermittler hätten seine Privaträume durchsucht und bei ihm Funkgeräte des gleichen Modells gefunden, dass in Hamburg gestohlen worden war. Doch obwohl er diese legal erworben habe, hätten die "zwei netten Beamten" ihm sein rechtmäßiges Eigentum abgenommen und er habe es bisher nicht wiedergesehen. Der "Zeit" sagte Marvin, dass es sich insgesamt um vier Geräte im Gesamtwert von 2.800 Euro handele. Die Staatsanwaltschaft Hamburg bestätigte auf Nachfrage von NEON, dass wegen des Verdachtes auf Hehlerei gegen den Youtuber ermittelt wird; im Zuge dessen sei es auch zu Durchsuchungen gekommen. Die sichergestellten Funkgeräte würden zurzeit ausgewertet.

"Ich glaube, die haben noch gar keinen Überblick"

Doch Marvin kritisiert in seinem Video nicht nur den Umgang der Staatsanwaltschaft mit seinem angeblich rechtmäßigen Eigentum, sondern auch die Ermittlungsarbeit der Polizei. Denn nach Aussagen des Youtubers beruhe die ganze Ermittlung gegen ihn auf einem Irrtum: Einige der verschwundenen Funkgeräte seien nämlich im Internet zum Kauf angeboten worden. Auf dem Portal "ebay Kleinanzeigen" sei die Polizei dann auf einen Nutzer namens "Marvin aus Gladbeck" aufmerksam geworden, der Funkgeräte "mit mehreren Funktionen" zum Kauf angeboten habe. Die Ermittler hätten "ItsMarvin" hinter dem Account vermutet und schließlich seine Privaträume durchsucht. "Ich finde die ganze Sache eigentlich lustig", teilt der 28-Jährige seinen Followern im Video mit. Doch er wolle nun endlich seine Geräte wiederhaben um weiterarbeiten zu können und sei "einfach gefrustet von der Polizeiarbeit.“ Er vermutet außerdem, dass die Polizei gar keinen Überblick habe, wie viele Geräte eigentlich verschwunden seien.

Auch wenn die BSI-Karten gesperrt werden können, sobald sie sich außerhalb des Zugriffsbereiches der Polizei befinden, wie die Polizei Hamburg auf Nachfrage mitteilte, ist die gesamte Geschichte für Polizei und Staatsanwaltschaft durchaus unangenehm. War im Februar noch die Rede von neun verschwundenen Geräten, spricht die Polizei nach Stand Ende Mai von 20 Geräten, die gestohlen oder sonst abhanden gekommen seien. Bei einem Bestand von insgesamt 4.600 Handfunkgeräten eine beachtliche Anzahl. Wie viele der Geräte bisher wieder aufgetaucht sind, will die Polizei aufgrund von ermittlungstechnischen Gründen aktuell nicht bekannt geben. Und auch zur Frage, welches Risiko von den entwendeten Geräten ausgeht, wollten sich weder Staatsanwaltschaft noch Polizei äußern.

lau

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