VG-Wort Pixel

Hitzewelle Forderungen nach Hitzeschutzplan werden lauter – Bundesregierung verweist auf Kommunen

Wasserverkauf an Passanten in Paris
Wasserverkauf an Passanten in Paris
© AFP
Die Bundesregierung bereitet bisher keinen nationalen Hitzeschutzplan vor. Zuvor hatten der Marburger Bund und die Bundesärztekammer dies gefordert. Die Gewerkschaften Verdi und IG Metall fordern Erleichterungen für Arbeitnehmer:innen wie Hitzefrei.

Der größte deutsche Ärzteverband Marburger Bund und die Bundesärztekammer haben einen nationalen Hitzeschutzplan gefordert. Die Bundesregierung verweist stattdessen bislang auf die Kommunen. Nach der Verfassung sei das Thema Hitzeschutz und Hitzevorsorge "vor allem eine Aufgabe der Kommunen", sagte ein Sprecher des Bundesumweltministeriums am Montag in Berlin. Die Bundesregierung sei aber nicht untätig. So gebe es für die Kommunen etwa Förderprogramme zur Klimaanpassung von sozialen Einrichtungen wie Altenheimen und Kindertagesstätten.

"Die Politik muss ihre Anstrengungen für Schutzmaßnahmen in Hitzephasen deutlich ausbauen“, zitiert das Redaktionsnetzwerk Deutschland  (RND) die Vorsitzende des Marburger Bundes, Susanne Johna, am Montag. "Städte und Kommunen brauchen Hitzeschutzpläne, damit sich Senioreneinrichtungen, Krankenhäuser und andere Einrichtungen des Gesundheitswesens besser auf Hitzewellen vorbereiten können, am besten geregelt durch einen nationalen Hitzeschutzplan." Zudem müsse es eine Aufklärungskampagne dazu geben, wie Bürger:innen sich bei Hitze am besten verhalten sollten, etwa durch die Bundeszentrale für politische Bildung. Auch der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, sprach sich am Montag für einen nationalen Hitzeschutzplan aus: "Hitzewellen werden immer häufiger und extremer. Darauf müssen wir uns vorbereiten." Hitze könne insbesondere für vulnerable Personen schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben. Besonders gefährdet seien Ältere und Menschen mit Herz-Kreislauf- oder Atemwegserkrankungen sowie Schwangere und Kleinkinder. 

Bundesgesundheitsministerium: Hitzeschutz sei "Querschnitssaufgabe"

Hitzewellen wirkten sich regional sehr unterschiedlich aus, sagte der Sprecher des Bundesumweltumweltministeriums am Montag zur Begründung, wieso es bisher keinen solchen Hitzeschutzplan gebe. Bei Risikogruppen wie Senioren und Kindern wüssten "einfach Kommunen am besten Bescheid". Eine Sprecherin des Bundesgesundheitsministeriums nannte den Hitzeschutz eine "Querschnittsaufgabe", für die Bund, Länder, Kommunen sowie Träger von Einrichtungen für Selbstverwaltung und auch Fachgesellschaften zuständig seien. Die Bundesregierung arbeite eng mit allen Akteuren zusammen. 

Der Sprecher des Bundesumweltministeriums verwies jedoch auch auf eine am Montag vorgestellte Regierungsstudie zu immer häufigeren extremen Wetterereignissen wie Dürren und Flutkatastrophen. "Das zeigt, man muss wahrscheinlich die Situation überdenken und deshalb haben wir ein Forschungsvorhaben angestoßen, das sich einerseits die Zuständigkeitsproblematik anschaut." Dabei gehe es auch darum, ob es einen Bedarf an einem zusätzlichen nationalen Hitzeaktionsplan gebe.

Hitzeschutz vor allem im Gesundheitsbereich nicht ausreichend

Obwohl das Bundesumweltministerium bereits 2017 Handlungsempfehlungen für Hitzeaktionspläne vorgelegt hat, haben bisher nur wenige Kommunen wie Erfurt, Dresden, Köln oder Mannheim dies umgesetzt. In Berlin startete vor Kurzem ein Aktionsbündnis Hitzeschutz, in das auch Akteure aus dem Gesundheitsbereich eingebunden sind.  

Die Stiftung Patientenschutz kritisierte, gerade an der Finanzierung hapere es bislang. "Denn weder Kommunen noch Bund und Länder sind bereit, mit Milliarden-Investitionen einen Hitzeschutzschild wenigstens für Pflegeheimbewohner, Krankenhauspatienten und besonders gefährdete Menschen bereitzustellen", sagte Vorstand Eugen Brysch der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Er forderte von Bund und Ländern, ein 25-Grad-Ziel für die stationären Einrichtungen zu garantieren: "Bundestag und Länderparlamente tun nichts, um ihre Regierungen auf dieses Hitzeschutz-Ziel zu verpflichten."

Nach Einschätzung von Experten ist Deutschland für den Katastrophenfall durch mögliche große Hitzewellen nicht gerüstet. Kaum ein großes Krankenhaus verfügt demnach über konkrete Maßnahmepläne für den Hitzeschutz.

Verdi und IG Metall fordern Hitzefrei für Arbeitnehmer:innen

Die Gewerkschaften Verdi und IG Metall fordern außerdem Erleichterungen für Arbeitnehmer:innen bei hohen Temperaturen, wie sie für diese Woche in Deutschland erwartet werden. Gegenüber dem "RND" sagte Norbert Reuter, Leiter der tarifpolitischen Grundsatzabteilung bei Verdi: "Bei extremer Hitze fordern wir natürlich längere Pausen oder ein früheres Ende der Arbeit – Hitzefrei –, auch wenn darauf kein rechtlicher Anspruch besteht." Arbeitgeber:innen könnten dann mit dem Betriebsrat abstimmen, wann die ausgefallene Arbeitszeit nachgeholt werden könnte. Die Gewerkschaft schlägt außerdem vor, Kleidervorschriften bei Hitze zu lockern und Gleitzeitregelungen zu nutzen, um die Arbeit in kühlere Tageszeiten verlegen zu können – etwa in die früheren Morgen- oder Abendstunden.

Bislang wird in der Arbeitsstättenverordnung geregelt, wie hoch die Temperatur am Arbeitsplatz steigen darf, bis der Arbeitgeber Maßnahmen zur Linderung ergreifen muss – einen grundsätzlichen Anspruch auf klimatisierte Arbeitsräume oder verkürzte Arbeitszeiten gibt es jedoch bislang nicht. Linken-Chefin Janine Wissler unterstützt die Forderungen der Gewerkschaften. Laut der Nachrichtenagentur AFP will sie Klimaanpassungen auch beim Arbeitsrecht. 

Quellen: AFP, RND I, RND IItagesschau

ckön

Mehr zum Thema

Das könnte sie auch interessieren

Newsticker