Zeitungsverkäuferin Aída Miranda sah den Hund täglich hinter seinem Herrchen herlaufen. Der Student fuhr auf seinem Motorrad zur Universität in Cochabamba in Bolivien. Jeden Tag rief er dem Hund zu, er solle zurück nach Hause gehen, was er nach zwei Straßen auch immer tat. Bis der junge Motorradfahrer von einem Taxi angefahren wurde und auf dem Weg ins Krankenhaus starb. Fünf Jahre sind seitdem vergangen. Der Hund wartet weiter an der Unfallecke auf sein Herrchen.
Aus einer Fleischerei und anderen Läden in nächster Umgebung bekommt der Hund sein tägliches Fressen. Seine Lieblingsspeise sind die Hühnerkragen, die ihm der Fleischer Román Bilbao gibt. Jeden Morgen nimmt er einen in seine Straßenecke mit. Die Nachbarn schützen ihn und haben ihn "Hachi" getauft, in Anlehnung an den japanischen Artgenossen, der auf sein verstorbenes Herrchen am Bahnhof wartete und den Film "Hachiko: A Dog's Story" mit Richard Gere inspirierte.
"Hachi" will sich nicht adoptieren lassen
"Er jault und bellt, wenn ein Motorrad vorbeifährt", erzählt Aída Miranda, die Zeugin des Unfalls war. Die Sorge um den Hund habe die Beziehungen unter den Nachbarn und Ladeninhabern gestärkt. Als ein Autofahrer den Hund leicht verletzte, sammelten sie zusammen das Geld, um ihn zum Tierarzt zu bringen.
Vor einiger Zeit wollte ein US-Touristenpaar den Hund mitnehmen. Doch das Tier versteckte sich für ein paar Tage, um nicht seinen Platz verlassen zu müssen. Auch die Angehörigen des tödlich verunglückten Studenten versuchten, den Hund in ihrer Wohnung zu halten. Der bolivianische "Hachi" lief aber immer wieder zu seiner Straßenecke zurück.
Forderungen nach Tierschutzgesetz
Die Solidarität mit "Hachi" steht im Kontrast zur Tötung von 70 Straßenhunden und -katzen vor einer Woche in Santa Cruz, nachdem zwei Tollwutfälle verzeichnet wurden. Beide Fälle fanden großes Echo in den sozialen Netzwerken, deren User die bolivianische Regierung aufforderten, ein Tierschutzgesetz zu erlassen. Allein in Santa Cruz gibt es nach Angaben der Stadtbehörden rund 40.000 Straßenhunde.
Nach der Veröffentlichung der Geschichte von "Hachi" in der lokalen Zeitung "Opinión" am vergangenen Wochenende gingen in der Redaktion Adoptionsangebote für den Hund aus ganz Bolivien ein - aber auch aus Panama und den USA, erklärte die Journalistin Darynka Sánchez, die den Fall bekanntmachte, der Nachrichtenagentur DPA.
Der "Hachi von Cochabamba" steht aber weiter an seiner Ecke. Und er ist sehr scheu gegenüber jedem Fremden, der sich ihm nähert.