Anzeige
Anzeige

Asylrecht Endstation Gebäude 587

Bereits vor ihrer Einreise können Asylbewerber am Flughafen abgewiesen werden - so will es die so genannte Flughafenregelung, die vor zehn Jahren in Kraft trat. Für viele Asylsuchende ist auf dem Gelände des größten deutschen Flughafens Endstation.

Seit drei Monaten wohnt der 21-jährige Chinese mitten in Deutschland, direkt am Flughafen Frankfurt. Doch deutschen Boden hat der Asylbewerber noch nie betreten - zumindest im juristischen Sinne. Am 1. Juli vor zehn Jahren trat mit der Grundgesetzänderung des Asylrechts die so genannte Flughafenregelung in Kraft. Danach können Asylbewerber bereits vor ihrer Einreise nach Deutschland am Flughafen abgewiesen werden.

"Ich habe gehört, Deutschland ist eine Demokratie", sagt der junge Mann aus der ostchinesischen Provinz Shandong zu den Gründen, warum er über Vietnam nach Deutschland reiste. Doch seine angebliche Verfolgung als Mitglied der Kultbewegung Falun Gong konnte er nicht glaubhaft machen. Sein Asylantrag wurde abgelehnt. Jetzt wartet er noch immer auf Papiere der chinesischen Botschaft, dann wird er abgeschoben.

Gebäude auf exterritorialem Gebiet

Das Gebäude 587 auf dem weitläufigen Gelände des größten deutschen Flughafens ist für viele Asylsuchende die Endstation ihrer Flucht. Bis zu rund 100 Menschen können hier untergebracht werden. Rechtlich liegt das Haus im Transitbereich und gilt als exterritoriales Gebiet. Am Eingang wacht der Bundesgrenzschutz, wer das Gebäude verlassen darf.

Doch den Eindruck eines Gefängnisses macht das Haus nicht. "Wir verstehen uns nicht als Haftanstalt", sagt Klaus Meßmer, Leiter des Flughafenverfahrens. Ganz bewusst sei auf Stacheldraht verzichtet worden. Das im vergangenen Jahr bezogene Gebäude bietet mehrere Aufenthaltsräume, einen Innenhof mit einem kleinen Fußballplatz und Kinderspielplätze. "Es hat sich sehr bewährt, dass Platz da ist", sagt Meßmer. "Die Atmosphäre ist sehr entspannt."

Bevor der Neubau im vergangenen Jahr in Betrieb genommen werden konnte, hatte es Kritik gehagelt. Im früheren Behelfsbau C182 fehlten Sanitäranlagen, nur zwei Mal am Tag konnten die Flüchtlinge an die frische Luft. Immer wieder gab es Selbstmordversuche.

Entscheidungsdauer auf maximal 19 Tage begrenzt

Während Asylverfahren normalerweise Monate oder Jahre dauern, ist die Entscheidungsdauer im Flughafenverfahren auf maximal 19 Tage begrenzt. Kann in dieser Zeit nicht rechtskräftig entschieden werden, darf der Asylbewerber nach Deutschland einreisen und sich dann dem normalen Asylverfahren stellen, erläutert Roland Dorfner vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in Nürnberg. Doch wer zum Beispiel Asyl sucht, um der Wehrpflicht in seiner Heimat zu entgehen oder aus einem sicheren Staat wie Polen kommt, hat kaum Chancen.

Im vergangenen Jahr kamen 882 Flüchtlinge in das so genannte Flughafenverfahren, fast alle davon in Frankfurt. Innerhalb von zwei Tagen wird entschieden, ob ein Flüchtling einreisen darf, danach ist noch Rechtsmittel vor Gericht möglich. Rund 250 von ihnen wurden rechtskräftig abgelehnt, die übrigen konnten einreisen. Flüchtlings- Organisationen wie Pro Asyl kritisieren, dass innerhalb der kurzen Frist eine ausreichende Prüfung der Asylanträge gar nicht möglich sei.

"Ich befürchte, dass ich ins Gefängnis muss"

Für den jungen Chinesen endet die Flucht am Frankfurter Flughafen. Von Deutschland ist er enttäuscht. Wie seine Zukunft aussieht, weiß er nicht. "Ich befürchte, dass ich ins Gefängnis muss." Von der deutschen Politik erhofft er nun, dass sie sich zumindest für die Einhaltung der Menschenrechte in China einsetzt.

Rochus Görgen DPA

Mehr zum Thema

Newsticker