Die Anwältin von Dschochar Zarnajew hat die Beteiligung ihres Mandanten an dem Bombenanschlag auf den Bostoner Marathonlauf vor knapp zwei Jahren eingeräumt. "Er war es", sagte Strafverteidigerin Judy Clarke am Mittwoch in ihrem Eröffnungsplädoyer vor einem Bundesgericht in der US-Ostküstenstadt. Allerdings habe Zarnajew unter dem Einfluss seines älteren Bruders Tamerlan gestanden, der nach dem Anschlag bei einer Verfolgungsjagd mit der Polizei getötet wurde.
Versuch die Todesstrafe zu verhindern
"Es war Tamerlan Zarnajew, der sich radikalisiert hat. Es war Dschochar, der ihm folgte", sagte Clarke. Die Anwältin machte deutlich, dass die Verteidigung einen Großteil der Beweise der Staatsanwaltschaft akzeptieren werde. "Wir werden zu keinem Zeitpunkt versuchen, der Verantwortung von Dschochar auszuweichen", sagte sie. Clarke bat die Geschworenen aber, die Rolle des älteren Bruders beim Strafmaß zu berücksichtigen.
Die Strategie der renommierten Strafverteidigerin zielt offenbar ganz darauf ab, die drohende Todesstrafe für Zarnajew zu verhindern. Clarke hatte bereits mehreren prominenten Angeklagten wie dem als "Unabomber" bekannt gewordenen Ted Kaczynski und dem Mitverschwörer der Anschläge vom 11. September 2001, Zacarias Moussaoui, die Todesstrafe ersparen können.
Bei dem Bombenanschlag auf den Boston-Marathon am 15. April 2013 waren drei Menschen getötet und 264 weitere verletzt worden. Der damals 19-jährige Dschochar und der sieben Jahre ältere Tamerlan sollen auf ihrer Flucht zudem einen Polizisten erschossen haben. Dschochar wurde vier Tage nach dem Anschlag schwer verletzt in einem Vorort von Boston festgenommen. Die Brüder stammen aus einer tschetschenischen Familie und waren als Kinder in die Vereinigten Staaten eingewandert. Seit 2012 hat Dschochar die US-Staatsbürgerschaft.
"So viele Menschen wie möglich töten"
Die US-Behörden stufen den Anschlag als islamistischen Terrorakt ein. Dschochar Zarnajew werden insgesamt 30 Anklagepunkte vorgeworfen, darunter der Gebrauch einer "Massenvernichtungswaffe". Staatsanwalt William Weinreb erklärte in seinem Eröffnungsplädoyer, dass der Angeklagte die Attacke gemeinsam mit seinem Bruder geplant habe.
"Das Ziel war, so viele Menschen wie möglich zu töten und zu verstümmeln", sagte er. Weinreb rief den Prozessteilnehmern die blutigen Details des Anschlags in Erinnerung. Einige Opfer, darunter ein achtjähriger Junge, seien auf dem Bürgersteig verblutet, sagte er. Nur 20 Minuten nach der Tat habe Zarnajew dann in einem Supermarkt Milch gekauft, "als wenn überhaupt nichts passiert wäre".
Dschochar Zarnajew erschien in Jackett und offenem Hemd zu der Verhandlung, auch zahlreiche Opfer und Angehörige saßen in dem brechend vollen Gerichtssaal. Weitgehend regungslos folgte der Angeklagte den Ausführungen des Staatsanwalts. Weinreb beschrieb, wie sich der mittlerweile 21-Jährige von 2011 an zunehmend radikalisiert habe. Zarnajew habe im Internet "terroristische Propaganda" gelesen. Ermittler hätten auf seinem Computer das englischsprachige Online-Magazin "Inspire" des Terrornetzwerks Al-Kaida gefunden.
Laut Anklageschrift sollen die Brüder auch die Anleitung zum Bau von Bomben in Schnellkochtöpfen den Internetseiten von Al-Kaida entnommen haben. Wenige Wochen vor dem Anschlag habe sich Dschochar Zarnajew eine Pistole besorgt und mit seinem Bruder das Schießen geübt, sagte Weinreb weiter.
Der Prozess hatte Anfang Januar mit der Auswahl der Geschworenen begonnen. Der Verhandlungsbeginn verzögerte sich wegen des langwierigen Auswahlverfahrens und mehrerer Schneestürme. Zarnajews Anwälte hatten außerdem erfolglos versucht, den Prozess an einen anderen Ort zu verlegen. Sie bezweifelten, in Boston eine unvoreingenommene Jury vorzufinden. Mit einem Urteil wird im Juni gerechnet.