Der Fall des Ex-Black-Panthers Albert Woodfox Staatsanwalt stoppt Freilassung nach 43 Jahren Einzelhaft

Wegen Mordes war ein Anführer der Black Panther mehr als vier Jahrzehnte in Einzelhaft - vielleicht zu Unrecht. Ein Richter entschied auf sofortige Freilassung, doch der Staatsanwalt hält dagegen.

Als Albert Woodfox wegen eines bewaffneten Raubüberfalls ins Gefängnis der amerikanischen Stadt Angola gesteckt wurde, galt die Einrichtung im US-Bundesstaat Louisiana als Hölle unter den Haftanstalten. Mord, Vergewaltigungen und brutale Angriffe unter Insassen hatten Angola düstere Titel wie "Blutigstes Gefängnis Amerikas" und "Alcatraz des Südens" eingebracht. In den frühen 1970er Jahren starben im jährlichen Durchschnitt zwölf Häftlinge bei Messerstechereien.

In diesem "gesetzlosen Dschungel", wie ein Ex-Häftling die Anstalt vor einigen Jahren beschrieb, trugen Insassen und Aufseher Tag für Tag einen brutalen Machtkampf aus. In diesen stürzte sich auch der Afroamerikaner Woodfox, der eine Haftstrafe von 50 Jahren absaß: Gemeinsam mit dem Schwarzen Herman Wallace, der wegen eines Banküberfalls hinter Gittern war, gründete er einen Gefängnisverband der radikalen Black-Panther-Organisation - jener militanten Gruppe also, die sich gewaltsam und mit Guerilla-Taktiken für die Rechte von Afroamerikanern einsetzte und in den 60er und 70er-Jahren in den USA Angst und Schrecken verbreitete.

"Angola Three" protestieren gegen Haftbedingungen

Mit einem weiteren Afroamerikaner namens Robert King nahmen die sogenannten "Angola Three" an Hungerstreiks und Arbeitsniederlegungen teil, um sich gegen die schlechte Behandlung durch Aufseher zu wehren. Einmal sollen sie sich geweigert haben, demütigende Leibesvisitationen über sich ergehen zu lassen. Kurz darauf wurden sie in einer Kammer mit Knüppeln und Baseballschlägern verprügelt. Dass das 5000 Insassen zählende Gefängnis auf einer ehemaligen Sklaverei-Plantage ausschließlich von weißen Aufsehern geführt wurde, soll die Lage im Hinblick auf Rassismus nur verschlimmert haben.

Doch die Hölle Angola sollte für den aus New Orleans stammenden Woodfox nur noch heißer werden. Als der 23-jährige Aufseher Brent Miller bei einem Häftlingsaufstand mit 32 Stichwunden tot aufgefunden wurde, nahmen die Ermittler die "Angola Three" ins Visier. Woodfox wurde wegen Mordes verurteilt und in Einzelhaft gesteckt. Nach 43 Jahren in einer etwa 2,70 Meter langen und 1,80 Meter breiten Zelle hat das juristische Gezerre um seine Beteiligung oder mögliche Unschuld in dem Fall nun eine dramatische Wendung genommen.

Menschenrechtsorganisationen befürworten Freilassung

"Umgehend" müsse der heute 68-Jährige "bedingungslose" Freiheit genießen können, urteilte ein Richter am Montag. Woodfox' Entlassung aus dem Gefängnis sei die "einzig gerechte Abhilfe", nachdem er mehr als vier Jahrzehnte in Einzelhaft saß. Der Mann sei alt und krank, Zeugen der Tat lebten nicht mehr und es sei unmöglich, den wegen der Tat zweifach verurteilten Woodfox in einem dritten Verfahren einen fairen Prozess zu ermöglichen.

Die Entscheidung von Richter James Brady sei ein "bedeutender Schritt, um das Unrecht und die Grausamkeit" gegen Woodfox anzugehen, jubelte Amnesty International. Die Organisation hatte seine lange Zeit in der winzigen Zelle ähnlich wie die Vereinten Nationen als unmenschlich kritisiert, andere Menschenrechtler sprachen von Folter. Kontakt zu anderen Gefangenen ist verboten, seine Zelle darf er am Tag lediglich eine Stunde verlassen. Allerdings darf er Besucher empfangen, durch die Gitterstäbe fernsehen und Lesestoff ausleihen.

Aber das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Staatsanwalt Buddy Caldwell hat Berufung gegen den richterlichen Entschluss eingelegt - seiner Ansicht nach ist Woodfox nach wie vor ein Killer, der ins Gefängnis gehört. Bis mindestens Freitag hat Caldwell die Entlassung des ehemaligen Black-Panther-Anführers stoppen können. Woodfox ist der letzte Insasse der "Angola Three": King wurde 2001 freigelassen, Wallace starb 2013 an Leberkrebs kurz nach seiner Entlassung.

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Johannes Schmitt-Tegge, DPA

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