Wer in Italien gegen die Mafia kämpfen will, hat im kommenden Jahr eine neue Möglichkeit. In den römischen Filialen der Supermarktkette Coop können für 1,30 Euro so genannte Antimafia-Nudeln erstanden werden. Die „Pasta Antimafia„ ist keine gewöhnliche Nudelart: Der Weizen dafür wird auf früheren Gütern von Mafiabossen angebaut, die in den vergangenen Jahren vom Staat beschlagnahmt wurden.
Jugendliche Arbeitslose haben die Agrargenossenschaft „Placido Rizzotto Libera Terra„ gegründet und bewirtschaften seit einem Jahr die Felder um die sizilianischen Gemeinden Altofonte, Camporeale, Corleone, Monreale, Piana degli Albanesi, Roccamena, San Cipirelllo und San Giuseppe Jato. Angebaut wird nicht nur Weizen, sondern auch Wein, Öl, Honig und Melonen - alles kontrolliert ökologisch.
„Dieser Wein, dieses Öl, der Honig, die Melonen und die Pasta - sie sind mehr als nur Lebensmittel. Sie sind ein Zeichen gegen die Macht der Mafia„, erklärt Don Luigi Ciotti. Der Vorsitzende der Antimafia-Bewegung „Libera„ kämpft bereits seit 1995 gegen jede Art von Mafia-Vereinigung. Die Idee der Bebauung von Ex-Mafia-Feldern hat er zusammen mit dem Präfekten von Palermo ausgearbeitet, Renato Profili.
Das Projekt „Liberaterra„ (freies Land), das die Konfiszierung und Verteilung aller Mafia-Güter vorsieht, fand schnell Anklang in der sizilianischen Bevölkerung. Im Dezember 2001 wurde die Agrargenossenschaft „Placido Rizzotti Libera Terra„ gegründet, der rund zehn junge Arbeitslose angehören.
„Wir haben die Genossenschaft einem jungen Mann gewidmet, der sterben musste, weil er den Mord an Placido Rizzotto beobachtet hat„, erklärt Ciotti. Finanziert wird die Pasta-Produktion von der Region Sizilien und dem Innenministerium in Rom, das der Placido Rizzotti-Genossenschaft 2002 mehr als zwei Millionen Euro zugesagt hat.
"Der Staat soll alle Mafia-Güter konfiszieren"
„Wir wollen, dass der Staat alle Güter der Mafiosi und der Korrupten konfisziert. Wir wollen, dass diese Güter so schnell wie möglich an die Gesellschaft zurückgegeben werden, um so Arbeit, Schulen und Sicherheit zu schaffen.„ Mit diesen Worten hat „Libera„ 1995 zu einer Volks-Petition aufgerufen. Ziel war es, ein veraltetes Gesetz zur Regulierung der konfiszierten Mafia-Güter zu reformieren. Es wurden mehr als eine Million Unterschriften gesammelt, und 1996 konnte das Gesetz 109 verabschiedet werden, das „die Wiederverwertbarkeit der Mafia-Güter für soziale Zwecke„ vorsieht.
In den vergangenen sechs Jahren konnten in Sizilien mehr als 1.000 Immobilien im Gesamtwert von 150 Millionen Euro konfisziert werden. „Das ist ein doppelter Schlag ins Gesicht der Mafia„, sagt Ciotti. „Nicht nur dass sie ihre wirtschaftlichen Interessen nicht durchsetzen können, ihre Reichtümer werden zudem noch der Gesellschaft zurückgegeben.„
So ist in der ehemaligen Villa des berüchtigten Mafiabosses Toto Riina aus Corleone heute eine Schule untergebracht. Auf den Feldern von Bernardo Provenzano hat „Liberaterra„ Ölbäume angebaut. Weitere Projekte sind in Planung. „Bis Ende kommenden Jahres wollen wir zwei Ferien-Bauernhöfe und ein Zentrum für Hippotherapie aufbauen„, erklärt Ciotti. „Auch Fort- und Weiterbildungskurse in Landwirtschaftskunde sind vorgesehen. Immerhin stehen 175 Hektar hervorragendes Ackerland zur Verfügung.„