Kalifornien Ein Gedicht vor Gericht

"Ich könnte das nächste Kind sein, das Gewehre in die Schule bringt, um Schüler zu töten." Die Zeilen dieses Gedichtes bringen einen amerikanischen High-School-Schüler nun vor die Anklagebank.

"Ich könnte das nächste Kind sein, das Gewehre in die Schule bringt, um Schüler zu töten." Diese Passage aus dem Gedicht eines amerikanischen Jugendlichen beschäftigt zurzeit den Obersten Gerichtshof des US-Staats Kalifornien. Die Richter müssen entscheiden, ob das vor drei Jahren verfasste Gedicht als Androhung einer Straftat zu werten ist. Die Verteidiger des heute 18 Jahre alten George T. berufen sich auf das verfassungsmäßig verbriefte Recht der freien Meinungsäußerung.

<zwit>Jugendhaftanstaltzwiti> "Das ist der klassische Fall, dass ein Mensch versucht, seine Gefühle in einem Gedicht zum Ausdruck zu bringen", sagte Anwalt Michael Kresser bei der Anhörung am Donnerstag. Nach dem Schuldspruch einer niedrigeren Instanz verbrachte George T. bereits 100 Tage in einer Jugendanstalt. Sollte der Oberste Gerichtshof die Verurteilung wegen Androhung eines Mordes bestätigten, muss der junge Mann mit einer Höchststrafe von einem Jahr Haft rechnen.

Das fragliche Gedicht wurde im März 2001 verfasst. George T., Schüler an einer High School in San Jose, steckte es während des Englischunterrichts einer Klassenkameradin zu. In einer Passage heißt es: "Ich bin dunkel, zerstörerisch und gefährlich." Ein Schüler, der sich durch das Gedicht bedroht fühlte, informierte einen Lehrer, der wiederum die Polizei rief. George T. wurde verhaftet und der Schule verwiesen.

Zusammenhang suchen

Elf Tage bevor das Gedicht verfasst wurde, am 5. März 2001, hatte ein Jugendlicher an einer High School in Santee zwei Mitschüler getötet und 13 weitere verletzt. In diesem Kontext müsse auch das fragliche Gedicht bewertet werden, argumentiert der stellvertretende Generalstaatsanwalt Jeffrey Laurence. Nach der einstündigen Anhörung räumte Laurence ein, es wäre problematischer, eine Schuld des Angeklagten nachzuweisen, wenn das Gedicht im Rahmen des Unterrichts entstanden wäre und wenn sich nicht kurz zuvor das Massaker in Santee ereignet hätte.

Bürgerrechtsorganisationen und Gruppen, die sich für die Redefreiheit einsetzen, beobachten den Prozess gespannt. Ein Urteil wird binnen 90 Tagen erwartet.

AP
David Kravets/AP

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