Klavierüben ist kein Lärm Verfassungsgericht stärkt Rechte von Hausmusikern

Klavierspielen am Sonntag ist nicht zwangsläufig eine Ruhestörung. Das Bundesverfassungsgericht gab in einer am Donnerstag veröffentlichten Entscheidung der Beschwerde eines Berliners gegen ein Bußgeld statt, das verhängt worden war, weil seine Tochter am Sonntag Klavier geübt hatte.

Klavierspielen am Sonntag ist nicht zwangsläufig eine Ruhestörung. Das Bundesverfassungsgericht gab in einer am Donnerstag veröffentlichten Entscheidung der Beschwerde eines Berliners gegen ein Bußgeld statt, das verhängt worden war, weil seine Tochter am Sonntag Klavier geübt hatte.

Die Karlsruher Richter bemängelten, dass die gesetzlichen Vorschriften nicht klar erkennen ließen, wann das Musizieren in der eigenen Wohnung an Sonn- und Feiertagen eine "erhebliche Ruhestörung" darstelle. Damit werde gegen das Bestimmtheitsgebot im Grundgesetz verstoßen, das den Gesetzgeber verpflichte, die Voraussetzungen der Strafbarkeit so konkret zu umschreiben, dass klar erkennbar ist, welches Verhalten der Gesetzgeber sanktioniert.

Der Kläger bewohnt mit seiner Frau und sechs Kindern ein Reihenhaus in Berlin. Die Familie gilt als musikbegeistert, einige Mitglieder sind praktizierende Musiker. Die Tochter des Beschwerdeführers übte jeden Tag am späten Nachmittag eine Stunde Klavier.

An einem Sonntag im Februar 2008 platzte dem Nachbarn der Familie schließlich der Kragen und er rief die Polizei. Diese stellte eine Ruhestörung fest. Trotzdem übte die Tochter nach dem Weggang der Polizei noch etwa eine Viertelstunde weiter. Daraufhin verhängten die Berliner Behörden ein Bußgeld in Höhe von 75 Euro, das nach einem Einspruch auf 50 Euro reduziert wurde.

Das Verfassungsgericht hob diese Strafe auf. Die Entscheidung darüber, ob eine erhebliche Ruhestörung vorliege, sei lediglich dem als Zeugen vernommenen Polizeibeamten überlassen worden. Damit werde die ohnehin schon bestehende Ungewissheit weiter erhöht. Die Entscheidung über die Sanktionsbedürftigkeit eines Verhaltens werde somit "nicht generell-abstrakt durch den Gesetzgeber, sondern durch die vollziehende Gewalt für den konkreten Einzelfall getroffen". Dies sei nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Der Fall wurde zur erneuten Entscheidung an das Berliner Amtsgericht zurückverwiesen.

AP
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