Mal lässt der junge Mann sich lasziv räkelnd auf einem Zebrafell ablichten. Ein anderes Mal drückt er einen Hundewelpen an seinen nackten Oberkörper. Seine Lippen sind voll, die Gesichtszüge fein. Oftmals ist er geschminkt. Die Fotos, die von Luka Rocco Magnotta im Internet kursieren, zeigen einen Mann, der das Spiel mit der Kamera liebt.
Es gibt auch andere Bilder von dem jungen Kanadier. Videoaufnahmen, die zeigen, wie der 29-Jährige Ende Mai in seinem kleinen Apartment in Montréal seinen chinesischen Geliebten mit einem Eispickel tötet, enthauptet - und zum Teil sogar verspeist. Luka Rocco Magnotta soll der so genannte Schlächter von Montréal sein. Die Aufnahmen des grausamen Mordes hatte der bisexuelle Magnotta selbst ins Internet gestellt. Es ist eine Selbstdarstellung des Bösen: Im Hintergrund, so beschreiben es kanadische Medien, läuft die Filmmusik aus "American Psycho", dem Thriller, in dem ein New Yorker Investmentbanker aus reiner Mordlust tötet.
Stripper, Model und Callboy aus Leidenschaft
Tagelang hatte die Polizei weltweit nach dem untergetauchten Kanadier gesucht, der die blutigen Spuren des Verbrechens keinesfalls vertuschen wollte. Im Gegenteil: Magnotta wollte Aufmerksamkeit. Er wollte, dass ihm die ganze Welt bei seinen Gräueltaten zusieht, schien süchtig nach Bestätigung zu sein. Der narzisstische Täter stellte die Aufnahmen des Mordes nicht nur ins Netz, Körperteile seines Mordopfers verschickte er per Paket an politische Parteien in Kanada. Dann tauchte er unter. Von Montréal flog er über Paris nach Berlin. Mitreisende wollen ihn weinend im Flieger beobachtet haben. Am Montagabend wurde er schließlich in einem Internetcafé gefasst.
Geboren wurde Magnotta als Eric Clinton Newman in Ontario. Später legte er sich Pseudonyme wie Luka Rocco Magnotta und Vladimir Romanov zu. Bei seiner Flucht nach Deutschland soll Magnotta laut französischer Polizei den Namen Tramell benutzt haben. So hieß auch Sharon Stone in dem Film "Basic Instinct", in dem sie ihre Liebhaber ebenfalls mit einem Eispickel tötete. Als junger Erwachsener soll Magnotta in Toronto erste Pornos gedreht haben, wurde später jedoch auf verschiedenen Internetseiten als gescheiterter Porno-Darsteller beschrieben. Sein Geld verdiente er als Stripper, Model und Callboy. Auch auf den Strich soll er gegangen sein. In einem alten TV-Interview, das im Netz zu sehen ist, schwärmt der 24-jährige Magnotta von dem schnellen Geld und prahlt davon, sich an manchen Tagen mit neun Freiern getroffen zu haben.
"Wer einmal getötet hat, kann nicht mehr aufhören"
Regelmäßig veränderte Magnotta seinen Look. Mal färbte er seine Haare blond, ein anderes Mal trug er längeres, dunkles Haar oder Perücken. Seine Augenfarbe wechselte er hin und wieder mit Hilfe von Kontaktlinsen. Oftmals unterstrich er auch seinen androgynen Look mit Make-up. Laut "Huffington Post" beschrieb eine Ex-Freundin Magnotta im Gespräch mit Journalisten als aggressiv, unausgeglichen und in sich gekehrt. Auch soll er sich gelegentlich zwanghaft selbst verletzt haben. Die kanadische Zeitung "The Star" schreibt, dass Magnotta seit Jahren keinen Kontakt mehr zu seiner Familie gehabt haben soll.
Nicht nur Tierschützer rief der Kanadier im vergangenen Jahr auf den Plan, als er angeblich Videos bei Youtube veröffentlichte, in denen er Katzenbabys grausam quälte und schließlich tötete. Einmal soll er sie an eine Schlange verfüttert haben, ein anderes Mal steckte er sie in Plastiktüten und ließ sie ersticken. Die britische Zeitung "The Sun" recherchierte damals in dem Fall. Einem Reporter des Boulevardblattes soll Magnotta geschrieben haben: "In naher Zukunft werden sie wieder von mir hören. Dann werden die Opfer aber keine kleinen Tiere mehr sein." Und weiter: "Wer einmal getötet und Blut geleckt hat, kann nicht mehr aufhören."
Nun wurde Magnotta also am Montagabend in Berlin gefasst. Seinen Narzissmuss lebte der Mörder von Montréal auch in den letzten Minuten in Freiheit aus: In einem Internetcafé in Neukölln war er gerade dabei, sich selbst zu googeln. Er betrachtete Texte und Fotos von sich selbst. Dem Shopbesitzer fiel das auf. Er rief die Polizei. Als sie eintraf sagte der Mörder: "You got me!" ("Ihr habt mich!"). Die kanadischen Ermittler prüfen nun, ob er weitere Bluttaten begangen hat.