In unserer schnelllebigen Zeit gibt es den klassischen "Bummelstudenten" ja längst nicht mehr. Mit Spaß während des Studiums trödeln? Wer das inmitten all des Erfolgsdrucks und der Existenzangst schafft, der muss ein wirklich bewundernswert dickes Fell haben. Und doch gibt es immer wieder außergewöhnliche Fälle von Studierenden, die erst ungewöhnlich spät ihren Abschluss machen. Das hat dann allerdings fast nie mit klassischer Trödelei zu tun – wie im Fall des 71-jährigen Arthur Ross.
Der Mann aus Kanada hatte sich im Jahr 1969 an der Universität von British Columbia eingeschrieben. Inmitten der Hippie-Ära entdeckte er auf dem Campus Kunst und Theaterclubs für sich und entschloss sich nach zwei Jahren an der Uni, lieber nach Montreal auf eine Schauspielschule zu wechseln. Dort holte er sich auch einen Abschluss. Allerdings war die Begeisterung für dieses Metier auch recht schnell wieder erloschen. Schauspiel als Brotberuf? Ross wollte doch lieber etwas anderes machen. "Ich beschloss: Na gut, vielleicht sollte ich Jura studieren und Anwalt werden, wie das eben jeder so macht, dem nichts besseres einfällt", scherzt er.
Kanadier begann sein Studium 1969
In Toronto studierte er also Jura und machte sogar seinen Doktor. 35 Jahre lang arbeitete er als Anwalt – und das natürlich nicht nur, weil es eine Notlösung war, sondern weil ihn diese Karriere wirklich erfüllte. Allerdings war da in einer dunklen Ecke seines Hinterkopfes immer der Gedanke an das unvollendete Studium in British Columbia. Ja – Arthur Ross hatte eine Schauspielausbildung absolviert, Jura studiert und einen Doktor gemacht. Aber er hatte auch ein Studium begonnen und nicht abgeschlossen, und das beschäftigte ihn. Als er 2016 in Rente ging, beschloss er, etwas zu tun.
Einstiegsgehalt von 50.000 Euro – das sind die lukrativsten Studiengänge

Die Einstiegsgehälter für Juristen variieren extrem, vor allem in Abhängigkeit von der Examensnote und den damit verbundenen Einstiegsmöglichkeiten. Große Kanzleien zahlen teilweise sechsstellige Gehälter, in der Regel ist es aber deutlich weniger. Im Schnitt sind es laut Stepstone 45.900 Euro.
"Es wäre eine Verschwendung, nicht die Möglichkeit zu ergreifen, etwas zu studieren, was dich interessiert", sagt er. "Mir präsentierte sich diese Möglichkeit, und mir machte das wirklich Spaß." Klar, wenn es nicht mehr ums Geldverdienen und um die Karriere geht, dann macht Studieren natürlich gleich sehr viel mehr Spaß. Vor allem, wenn man – wie Ross – Kunst studiert.
Studiendauer könnte Rekord sein
Der 71-Jährige erlebte während der Wiederaufnahme seines einst abgebrochenen Studiums auch mit, wie die Pandemie das Lernen grundlegend veränderte. Seine jungen Kommiliton:innen traf das hart. "Ich habe ungemeinen Respekt vor ihnen, das trotzdem durchzuziehen", sagt er. Doch auch er "zog das durch" und dürfte damit nun der "langsamste Student der Welt" sein, der seinen Bachelor erst 54 Jahre nach Beginn seines Studiums machte. Womöglich winkt ihm dafür ein Eintrag ins Guiness-Buch der Rekorde.
Doch bevor der Rekord gefeiert wird, wird erst einmal der Abschluss gefeiert. "Ich war bei allen Abschlussfeiern meiner Kinder dabei", sagt Arthur Ross. Nun erwarte er, dass seine Familie auch geschlossen zu seiner Bachelorfeier käme. Und danach? Das weiß er noch nicht. Seine Tochter habe aber schon gescherzt, er müsse jetzt eigentlich auch noch den Master machen.
Quelle: BBC