Jeden Morgen radelte eine junge Arzthelferin ohne nennenswerte Zwischenfälle aus dem niedersächsischen Ebbingen nach Visselhövede zur Arbeit. Das änderte sich am vergangenen Donnerstag: Als sie mit ihrem E-Bike auf halber Strecke an einem Wäldchen vorbeikommt, wundert sie sich, "warum Pferde auf einer Weide nervös hin- und hergaloppieren". Dann entdeckt sie in etwa 60 Metern Entfernung drei Wölfe. Die Radfahrerin scheint das Interesse der Tiere geweckt zu haben. Die Wölfe rennen auf sie zu. Sofort wendet die Radfahrerin und rast in die entgegengesetzte Richtung.
"Ich habe abwechselnd nur noch gebrüllt und geweint", sagt sie der "Kreiszeitung" gegenüber. "Sie sind bis auf vier, fünf Meter herangekommen. Ich habe sie deutlich wahrgenommen und ihren Atem gehört." Erst als sie Ortsrand Ebbingens wieder erreicht, lassen die Wölfe von ihr ab.
Experte empfiehlt nicht vor Wölfen zu flüchten, sondern stehen zu bleiben
Sie meldet den Vorfall dem Ordnungsamt und dem zuständigen Wolfsberater Jürgen Cassier. Er hat "wenig Zweifel" daran, dass es sich bei den Tieren um Wölfe gehandelt hat, sagt er dem NDR. Schließlich lebe in der Region ein größeres Wolfsrudel. Dass die Frau anstelle dieses Rudels drei freilaufende Wolfshunde angetroffen habe, hält Cassier für "höchst unwahrscheinlich".
Scheue Raubtiere: Deutschlands wilden Wölfen auf der Spur

Von weiteren Vorfällen, bei denen Wölfe Menschen verfolgt hätten, hatte Cassier bisher nicht gehört. Schließlich seien die Tiere üblicherweise nicht sonderlich an Menschen interessiert, da sie sie nicht zu ihrem Beutespektrum zählen. Er vermutet, dass es im Fall der Radfahrerin damit zu tun habe, dass sie geflohen sei. Der Wolfsberater empfiehlt, stattdessen stehen zu bleiben und möglichst keine Angst zu zeigen, um "nicht unnötig den Jagdinstinkt der Wölfe zu wecken".

Vorfall in Visselhövede macht Wolfsbüro "hellhörig"
Die als "Nahbegegnung" eingestufte Situation hat Cassier dem Wolfsbüro des Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz gemeldet. "Dort wird man bei solchen Vorfällen natürlich hellhörig und die Fachleute wollten von mir wissen, ob es ähnliche Vorfälle in dem Bereich gegeben habe. Das ist aber nicht der Fall", sagt er.
Quellen: Kreiszeitung, Spiegel, NDR