Spionage Wie wird man überhaupt chinesischer Geheimagent?

Vor einem Gebäude, der chinesischen Botschaft in Berlin, läuft ein Passant. Spionage wird China vorgeworfen.
Vor allem an Wirtschaftsgeheimnissen ist China gelegen (Symbolbild)
© Sean Gallup / Getty Images
Nicht nur in der Politik gibt es Spione, auch in mittelständischen Unternehmen, sagt der Geheimdienstforscher Erich Schmidt-Eenboom. Beliebtes Ziel: die Sekretärin. 

Wöchentlich jagen sich derzeit die Meldungen über enttarnte mutmaßliche Spione. Kein Wunder, findet Erich Schmidt-Eenboom, Geheimdienstexperte und Vorsitzender des Forschungsinstituts für Friedenspolitik. Spionage sei allgegenwärtig, nicht nur in Politik und internationalen Großkonzernen – sondern näher, als wir glauben.

Herr Schmidt-Eenboom, wer spioniert in Deutschland?
Früher waren die Japaner führend in der Wirtschaftsspionage gegen die Bundesrepublik. Inzwischen ist wohl China der Hauptrisikofaktor. Vor allem in der Industriespionage, also dem Technologieklau. Die Chinesen sind ausgesprochen subtil. Und sie haben einen langen Atem. Sie sind nicht so brutal und direkt wie die russischen Nachrichtendienste mit ihren Cyberattacken.

Inwiefern?
China versucht gern, deutsche Firmen aufzukaufen, oder bietet beispielsweise Wissenschaftskooperationen mit deutschen Universitäten an. Sind diese Kooperationen erst einmal im Sack, setzt der eigentliche Spionageprozess ein.

Im gerade aufgedeckten Fall des Mitarbeiters des AfD-Europaabgeordneten Maximilian Krah ging es allerdings um Politik. 
Seit 2008, im Vorfeld der Olympischen Spiele, versuchen die chinesischen Nachrichtendienste in Mitteleuropa auch politisch Einfluss zu nehmen. Sie wollen herausfinden, wie die Entscheidungsprozesse im Deutschen Bundestag, aber vor allem auch in der Europäischen Union aussehen. 

Wie gewinnen die Chinesen üblicherweise Agentinnen und Agenten in Deutschland?
Zuerst ist da die Anbahnung. Oft wird auf Heimatliebe als Motivation bei der Anwerbung eines Agenten gesetzt. In den USA gehen chinesische Dienste dafür gern in die großen Communitys in den Chinatowns. Die haben wir natürlich in diesem Umfang in Deutschland nicht. Wer nicht aus Heimatliebe tätig wird, hat finanzielle Motive. Das ist die zweitwichtigste Motivationslage bei Spionage: die reine Geldgier der Betroffenen. 

Außerdem kann es beim sogenannten Abschöpfen passieren, dass jemand zunächst gar nicht bewusst als Agent angesprochen wird. Beispielsweise erzählt er im Bekanntenkreis oder gegenüber Journalisten das eine oder andere Betriebsgeheimnis. Er wird dann damit konfrontiert, dass er etwas verraten hat und mit entsprechender Strafverfolgung rechnen müsste. Dann hat man ihn am Haken und kann ihn zu weiterer, echter nachrichtendienstlicher Tätigkeit erpressen. Aber die Anbahnungen verlaufen wirklich subtil. Ich habe das selbst erlebt.

Man hat versucht, Sie zum Spion zu machen?
Vor drei Jahren hat sich ein chinesischer Händler an mich gewandt und mir versprochen, er würde die Datenbanken meines Forschungsinstituts in Peking für mich vermarkten. Mit großem Gewinn. 

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