Die Kleinstadt Wyoming in Ohio ist ein beschauliches Örtchen. Knapp 9000 Menschen leben in dem Vorort von Cincinnati, der jetzt aber in den Fokus des öffentlichen Interesses gerät. Der Grund: Ein weiterer Fall von möglicher Polizeigewalt in den USA.
In der Stadt wurde am Montag der 28 Jahre alte Joe Frasure junior erschossen, die Angaben Umständen seines Todes unterscheiden sich stark. So erklärte die Polizei, dass sie Frasure für einen Einbrecher hielt, der auf der Flucht versucht habe, die Polizisten zu rammen. Die Familie des 28-Jährigen hingegen erklärte, dass er gemeinsam mit seiner Schwester nur die Wohnung der Großmutter ausgeräumt habe, die im Januar verstorben sei.
Nach Angaben des "Cincinnati Enquirer" war am Montag eine Meldung bei der Polizei eingegangen. Ein Nachbar hatte demnach zwei oder drei Personen in dem Haus gesehen. "Es sollte eigentlich leer stehen, aber ich sehe Menschen, die verdächtige Dinge machen und vielleicht sollte jemand vorbeikommen und das überprüfen", heißt es in dem Notruf, den die Polizei am Mittwoch öffentlich machte. Das Haus selbst war in den vergangenen Monaten mehrfach von der Polizei geprüft worden. In dem überwiegend leerstehenden Gebäude mit vier Wohnung habe es zwischen Oktober und Januar 33 Einsätze gegeben, berichtet der "Cincinnati Enquirer".
Vorfall in Ohio: Polizei ging von Einbrecher aus
Laut der Polizei hätten Frasure und eine weitere Person am Montag versucht, von dem Haus zu flüchten, als die Beamten dort eintrafen. Frasure sei zu seinem Auto gelangt und habe nicht auf die Befehle der Polizisten gehört, die ihn zum Halten aufriefen. Bei der Flucht habe er "beinahe einen Polizisten gerammt, der daraufhin mit einem weiteren Beamten das Feuer eröffnete", zitiert der "Guardian" aus dem Polizeibericht. Frasure wurde dabei mindestens einmal im Kopf getroffen und in ein Krankenhaus gebracht, wo er am Dienstag verstarb. Der Fernsehsender "WLWT5" berichtete, dass der Gerichtsmediziner als Todesursache einen Schusswechsel mit der Polizei angegeben habe. "Der Minivan hat gewendet, einen Baum gerammt und ist mit hoher Geschwindigkeit auf unsere Polizisten zugefahren", erklärte Wyomings Polizeichefin Brooke Brady gegenüber "NBC News". Nach den Schüssen habe der Van das Haus gerammt, die Polizisten hätten Frasure aus dem Auto befreit und Erste Hilfe geleistet.
Nach Ansicht der Familie Frasures versucht die Polizei den Vorfall zu vertuschen. "Mir ist es egal, was sie sagen, aber das Auto ist nicht in ihre Richtung gefahren", erklärte Frasures Vater, Joe senior. Auch Frasures Bruder Joseph erhob schwere Vorwürfe gegen die Polizei. "Er wurde drei Mal in den Hinterkopf geschossen. Wenn dir in den Hinterkopf geschossen, bedeutet das, dass du keine Bedrohung bist", erklärte Joseph Frasure gegenüber "ABC". "Er hat nichts falsch gemacht. Das war die Wohnung seiner Großmutter und er durfte dort sein", klagte Frasures Onkel Arthur Tucker. Hoffnungen hegt die Familie nun in die Veröffentlichung der Videobilder der Bodycams. Diese wurden bereits dem zuständigen Staatsanwalt übergeben und sollen laut verschiedenen Medienberichten am Freitag veröffentlicht werden.
Der Vorfall in Wymoning reiht sich ein in eine Kette möglicher Fälle von Polizeigewalt. Erst in den vergangenen beiden Wochen war der Tod von Tyre Nichols in den Fokus der Öffentlichkeit gelangt. Der 29-Jährige war bei einer Polizeikontrolle von fünf Polizisten brutal zusammengeschlagen worden. Wenige Tage nach dem Vorfall starb Nichols an den Folgen seiner Verletzungen im Krankenhaus, die fünf Polizisten wurden entlassen und festgenommen. Die wenigen Tage später veröffentlichten Bilder einer Überwachungskamera sowie von Bodycams der Polizisten zeigen den brutalen Übergriff.