Das Terrornetzwerk El Kaida hat einem Medienbericht zufolge die Luftfracht-Route Jemen-USA bereits vor Wochen getestet. Ein US-Vertreter bestätigte der Nachrichtenagentur AFP am Montagabend einen Bericht des Fernsehsenders ABC, wonach im September abgefangene Pakete auf eine Trockenübung El Kaidas hindeuteten. Auch diese Pakete seien für jüdische Einrichtungen in Chicago bestimmt gewesen.
"Die Behälter wurden im Transit gestoppt und untersucht", hätten aber keinen Sprengstoff enthalten, sagte der US-Vertreter. Zuvor hatte ABC unter Berufung auf einen ranghohen US-Vertreter von dem möglichen Test berichtet. Nach dem Vorfall seien die US-Geheimdienste vorgewarnt gewesen, dass der Ableger El Kaida auf der Arabischen Halbinsel ein Ziel in Chicago im Visier haben könnte. Inhalt der verdächtigen Pakete seien unter anderem religiöse Bücher und Computerdisketten gewesen, sagte der US-Vertreter.
In der Nacht zum Freitag waren aus dem Jemen abgeschickte Pakete mit funktionsfähigen Sprengsätzen in Frachtmaschinen auf dem mittelenglischen Flughafen East Midlands und in Dubai entdeckt worden. Die Pakete waren an jüdische Einrichtungen im Raum Chicago adressiert; das in East Midlands beschlagnahmte Paket war zuvor auf dem Flughafen Köln/Bonn umgeladen worden.
Die Bundesregierung wies die Flugsicherung an, direkte und indirekte Flüge aus dem Jemen abzuweisen. Die Regierung in Sanaa kritisierte die Maßnahme am Dienstag als "überstürzt": Der Jemen bedauere diese "kollektive Bestrafung" und sei enttäuscht, sagte ein Regierungssprecher laut der Nachrichtenagentur Saba. Statt solcher Maßnahmen, die sämtliche Flüge betreffen, sollten die Partner des Jemen dem Land vielmehr im "Kampf gegen den Terrorismus zur Seite stehen".
Auch andere Länder hatten verschärfte Maßnahmen ergriffen. Großbritannien untersagte nach allen Frachtflügen aus dem Jemen auch die aus Somalia; die Niederlande und Belgien erließen gleichfalls ein Landeverbot für Frachtflugzeuge und Maschinen mit Post aus dem Jemen. Die US-Behörden entsandten Experten in das arabische Land, um die dortigen Sicherheitskräfte zu unterstützen.
Die Bundesregierung will die Kontrolle des Luftfrachtverkehrs nun offenbar auf die Bundespolizei übertragen und damit verschärfen. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", die Luftfracht werde in Deutschland "bislang nur unzureichend kontrolliert". Uhl kündigte an, künftig werde die Bundespolizei neben der Kontrolle von Passagieren auch den Frachtverkehr überwachen. Zugleich gelte es, flächendeckend modernere Frachtscanner einzusetzen, sagte Uhl der Zeitung.
Unterdessen wurde der von den USA gesuchte radikalislamische Prediger Anwar al Aulaqi im Jemen angeklagt. Die Staatsanwaltschaft warf Aulaqi am Dienstag "Anstachelung zur Tötung von Ausländern und Sicherheitskräften" vor. Mitangeklagt ist ein Verwandter Aulaqis, Othman al Aulaqi. Das Verfahren steht jedoch nicht im Zusammenhang mit den Luftfracht-Paketbomben aus dem Jemen. Ein Gericht im Süden des arabischen Landes verurteilte 15 Jemeniten und einen saudiarabischen Staatsbürger zu je vier Haft, weil sie sich El Kaida im Irak anschließen wollten, wie aus Justizkreisen verlautete.