Der Unbekannte, der Besuchern von Berliner Weihnachtsmärkten mit Gift versetzten Schnaps anbietet, gibt der Polizei Rätsel auf. Die Zahl der Opfer ist inzwischen auf zehn gestiegen. Ein Pärchen hat sich erst einige Tage nach dem Vorfall bei den Behörden gemeldet. "Wir suchen da ja die Nadel im Heuhaufen auf den vollen Märkten", sagte ein Polizeisprecher am Montag. Unklar sei auch, ob es sich um einen einzigen Täter handelt.
Die Serie von Giftanschlägen hatte am Mittwoch auf dem Weihnachtsmarkt am Opernpalais begonnen. Sieben Frauen und drei Männer haben seitdem auf drei verschiedenen Weihnachtsmärkten in der Hauptstadt vergiftete Getränke zu sich genommen. Einige von ihnen mussten im Krankenhaus behandelt werden.
Am Sonntag meldete sich erneut eine 31-Jährige bei der Polizei. Mit ihrem 33 Jahre alten Begleiter hatte sie bereits am Mittwochabend auf dem Weihnachtsmarkt am Alexanderplatz den Schnaps eines Unbekannten getrunken, um auf die angebliche Geburt seiner Tochter mit anzustoßen. Wenig später mussten sich beide übergeben, ließen sich allerdings nicht von einem Arzt behandeln.
Giftige Substanz konnte im Blut nachgewiesen werden
Auch die anderen Opfer waren auf die Geschichte von der angeblichen Geburt hereingefallen und hatten Schnapsfläschchen angenommen. Nur im jüngsten Fall war der Täter am Wochenende anders vorgegangen: Er hatte als Weihnachtsmann verkleidet zwei 15-jährigen Mädchen offene Getränke in Pappbechern angeboten. Eines der Mädchen trank davon und klagte anschließend über Erinnerungsverlust und Übelkeit. Es wurde deshalb ambulant im Krankenhaus behandelt.
Im Blut der 15-Jährigen konnte die giftige Substanz nachgewiesen und analysiert werden. Die genaue Zusammensetzung des Gifts will die Polizei aber nicht bekanntgeben, es wirke "ähnlich wie K.O.-Tropfen", sagte ein Sprecher. Aufgrund der ähnlichen Symptome gingen die Ermittler davon aus, dass die anderen Opfer mit der gleichen Flüssigkeit vergiftet worden seien - sicher sei das aber nicht.
Als Täter wird ein Mann mit kurzen, dunkelblonden Haaren und einem rundlichen Gesicht gesucht, der etwa 45 Jahre alt und 1,80 Meter groß sein soll. Von ihm fehlte aber auch am Montag jede Spur. Zu einem Motiv fehlt jeder Anhaltspunkt. Um einen Erpressungsversuch handelt es sich nach derzeitigem Ermittlungsstand nicht. Keines der Opfer wurde ausgeraubt oder misshandelt, bislang ist auch kein Bekennerschreiben aufgetaucht.
Die 60 Berliner Weihnachtsmärkte locken jedes Jahr zwei bis drei Millionen Besucher an. Dass die aus Angst nun wegbleiben, befürchten die Berliner Tourismuswerber nicht: "Durch die Medien sind die Gäste jetzt gut informiert, wir gehen davon aus, dass sie aufpassen", sagte ein Visit-Berlin-Sprecher am Montag.