Bluttat von Tessin Gymnasiasten gestehen Grausamkeiten

Zwei Gymnasiasten haben im mecklenburgischen Tessin ein Ehepaar brutal ermordet. Beim Prozessauftakt in Schwerin versuchen nicht nur Richter und Staatsanwaltschaft, die Mörder und ihre Tat zu verstehen.

So viele Kameras wie zum Auftakt des Prozesses zur "Bluttat von Tessin" waren selten vor dem Schweriner Landgericht aufgebaut. Doch die Öffentlichkeit bekam keinen der beiden 17-jährigen Angeklagten zu sehen. Die Gymnasiasten, die sich wegen des Doppelmordes von Tessin vor fünf Monaten vor der Jugendstrafkammer verantworten müssen, wurden - abgeschirmt vor den Medien - durch eine Hintertür in den Gerichtssaal gebracht. Hinter verschlossenen Türen, wie es das Jugendgerichtsgesetz vorschreibt, sagten die beiden dann aus. Zunächst zu ihren Lebensläufen, dann zur Tat, die wegen ihrer Brutalität bundesweit für Schlagzeilen sorgte.

Die beiden Schüler, die gemeinsam das Gymnasium in der Elbestadt Boizenburg in Mecklenburg-Vorpommern besuchten und Medienberichten zufolge mit ihrem Leben in der mecklenburgischen Provinz haderten, sollen am 13. Januar in Tessin ein Ehepaar brutal getötet haben. 62 Einstiche und Schnittverletzungen zählten die Gerichtsmediziner an der 41-jährigen Frau, mindestens 17 Mal trafen die Klingen der Küchenmesser den 46-jährigen Mann. Beide verbluteten. Neben Mord wird den Angeklagten auch Geiselnahme und Raub mit Todesfolge vorgeworfen. Als Höchststrafe drohen nach Jugendstrafrecht zehn Jahre Haft. Nach einer Begutachtung von Sachverständigen sieht die Staatsanwaltschaft keine Hinweise auf Schuldunfähigkeit beispielsweise durch krankhafte Störungen.

Täter gaben gereitwillig Auskunft

Der Anklagebehörde zufolge haben die beiden den Tatablauf bei den Vernehmungen gestanden. Auch vor Gericht beantworteten die Jugendlichen bereitwillig alle Fragen, sagte der Pressesprecher des Landgerichts, Detlef Baalcke. Angaben zum Inhalt der Aussagen macht er nicht. Die Anklagebehörde geht davon aus, dass die Gymnasiasten die Schule abbrechen und in Japan ein neues Leben beginnen wollten. Deshalb wollten sie sich ein Fahrzeug beschaffen, um sich auf den Weg zu machen.

Für die Staatsanwaltschaft liegt zumindest bei einem der Angeklagten ein weiteres Motiv nahe: Macht auszuüben. Von Gewaltfantasien bei dem Jungen berichtete auch die Wochenzeitung "Die Zeit" in einer mehrseitigen Reportage. Der Redakteur hatte mit den Eltern der mutmaßlichen Täter gesprochen, die mit ihren Kindern aus Hamburg nach Tessin gezogen waren und die Tat auch fünf Monate danach noch nicht begreifen können. Vielleicht bringt für sie die Verhandlung mehr Klarheit.

Schwester eines Opfers will Genugtuung

Auch Margret Hoffmann, die den Mikrofonen vor dem Gerichtsgebäude und auf den Fluren nicht auswich, will wissen, warum ihre Schwester am 13. Januar in Tessin so qualvoll sterben musste. Sie nimmt als Nebenklägerin an dem Mordprozess teil. "Genugtuung" sei ihr wichtig, sagte sie. Auch der 16 Jahre alte Sohn der Opfer, der den Angriff im Wohnzimmer verbarrikadiert überstanden hatte, und die 15-jährige Eyleen, die von den beiden Angeklagten als Geisel genommen worden sein soll, sind Nebenkläger. Sie waren am ersten Prozesstag nicht anwesend, sollen aber noch als Zeugen gehört werden. Wie auch ein Polizist. Für den Prozess sind vorerst vier Verhandlungstage bis zum 12. Juli geplant.

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Corinna Pfaff/DPA

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