Fünf Wochen nach dem Angriff auf einen Deutsch-Äthiopier in Potsdam sind beide Tatverdächtige wieder auf freiem Fuß. Der Bundesgerichtshof (BGH) hob die Haftbefehle gegen die 29 und 30 Jahre alten Männer auf. Angesichts des "fortgeschrittenen Ermittlungsstadiums" halte der BGH-Ermittlungsrichter einen dringenden Tatverdacht nicht mehr für gegeben, teilte die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mit. Der deutsche Ingenieur dunkler Hautfarbe war am Ostersonntag mit Faustschlägen schwer verletzt worden.
"Keines der einzelnen Indizien, die in der ersten Phase der Ermittlungen die Annahme des dringenden Tatverdachts rechtfertigten, sei entfallen", hieß es in der Mitteilung des Generalbundesanwalts. Der Ermittlungsrichter habe aber auf die fortgeschrittenen Ermittlungen verwiesen. Diese rechtfertigten nicht mehr eine Untersuchungshaft wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung.
"Dabei spielt insbesondere eine Rolle, dass der Geschädigte sich bislang nicht an die Tat erinnern kann", hieß es in der Mitteilung. "Der Verdacht, dass die Beschuldigten an der Gewalttat beteiligt waren, bestünde allerdings fort." An diesem Mittwoch wolle Generalbundesanwalt Kay Nehm entscheiden, ob er Beschwerde gegen die Haftentscheidung einlegt.
Muss Nehm das Verfahren abgeben?
Kurz nach der Tat hatte er den Fall an sich gezogen mit der Begründung, dass es sich um den Verdacht des versuchten Mordes handle, der einen rechtsextremistischen Hintergrund haben könnte. Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) hatte Nehm dafür mehrmals öffentlich kritisiert und vor einer voreiligen Festlegung gewarnt.
Der BGH-Ermittlungsrichter hatte die Haftbefehle Anfang Mai zwar bestätigt, allerdings nur noch für den Verdacht einer gefährlichen Körperverletzung. Nach der Aufhebung der Haftbefehle muss nun entschieden werden, ob Nehm das Verfahren mangels Zuständigkeit an die Potsdamer Staatsanwaltschaft abgeben muss.
Kein dringender Tatverdacht
Der Anwalt des 30-jährigen Tatverdächtigen, Sven-Oliver Milke, holte seinen Mandanten am Nachmittag aus der JVA in Brandenburg/Havel ab. Der Anwalt Veikko Bartel holte seinen 29 Jahre alten Mandanten aus Haftanstalt Wulkow ab. Der dpa sagte er, der BGH habe ohne neue Sachlage am Dienstagnachmittag mitgeteilt, dass kein dringender Tatverdacht mehr bestehe. Damit konterkariere der BGH seine zuvor verhängten Haftbefehle. Das Ermittlungsverfahren sei aber noch nicht eingestellt.
Der deutsche Ingenieur dunkler Hautfarbe war am Ostersonntag mit Faustschlägen niedergeschlagen worden. Erst vor einer guten Woche hatte die Bundesanwaltschaft angedeutet, dass sich gegen beide die Verdachtsmomente verstärkt hätten. Nach dpa-Informationen gingen die Ermittler zuletzt jedoch eher von einer Schlägerei als von einem gezielten Überfall auf den Deutsch-Äthiopier aus. Allerdings habe die dunkle Hautfarbe des Opfers wohl dazu beigetragen, dass die Täter deutlich stärker zugeschlagen hätten. Der Familienvater trug ein schweres Schädel-Hirn-Trauma davon, befindet sich jedoch inzwischen auf dem Weg der Genesung.