Skurriler Betrugsfall Bankerin stiehlt halbe Million von reicher Frau - und verteilt sie an Kunden

Betroffene sind vor Gericht voll des Lobes für die Angeklagte, dabei hat die fast eine halbe Million Euro veruntreut. Allerdings handelte die Frau aus edlen Motiven - zumindest teilweise.

Sabine P. ist nicht gerade die alltägliche Angeklagte am Amtsgericht Hamburg - und schon gar keine alltägliche Betrügerin. Die Zeugen haben fast nur Gutes über die 44-Jährige zu berichten. "Ich habe nur liebe Worte für sie. Sie war immer menschlich", wird eine frühere Kundin von ihr von der "Welt" zitiert. "Sie war seriös und konstruktiv. Ich hätte ihr mein eigenes Geld anvertraut", so ihr ehemaliger Chef einer Hamburger Filiale der Deutschen Bank.

Doch P. ist wegen Betruges und Urkundenfälschung in 189 Fällen angeklagt. Über eine halbe Million Euro soll die als unscheinbar beschriebene Frau veruntreut haben, wie ein Gerichtssprecher dem stern bestätigt. Doch P. hat sich nicht selbst daran bereichert - zumindest nicht ausschließlich. Im Gegenteil: Den Großteil, rund 370.000 Euro, hat sie auf die Konten ihrer Kunden überwiesen. Aus schlechtem Gewissen, wie sie sagt.

Schuld an der verzweifelten Aktion sei der Druck von oben gewesen, "Ramschfonds" an den Mann zu bringen. Die langjährige Mitarbeiterin habe strenge Zielvorgaben erfüllen und den Kunden unsichere Anlagengeschäfte aufschwatzen müssen, sagt sie vor Gericht. Das Geldhaus bestreitet, dass es so arbeiten lässt. "Die Mitarbeiter der Deutschen Bank werden nicht am Verkauf von Produkten oder Dienstleistungen gemessen bzw. vergütet", sagt ein Sprecher der Bank. Rund 14.000 Mitarbeiter im Kundenberatungsbereich würden sich "unter den gleichen Voraussetzungen völlig korrekt verhalten".

Im Fall von P. machen ihre Kunden Verluste mit den Anlagen und ab 2011 gleicht sie die Defizite von einem anderen Konto der Bank aus. 512.000 Euro überweist sie in den nächsten zwei Jahren ohne Auftrag und zum Teil mit gefälschten Unterschriften vom Konto einer offensichtlich sehr wohlhabenden Frau. Diese bemerkt die Abbuchungen nicht einmal. "Ich hatte Frau P. vertraut und mich nicht weiter um mein Konto gekümmert", wird sie vom "Hamburger Abendblatt" zitiert.

Moderner Robin Hood bei der Deutschen Bank?

Ist P. also ein moderner Robin Hood? Eine Bankerin, die es den Reichen nimmt und den Armen gibt? Zumindest nicht nur. Über 140.000 Euro landen über ein Drittkonto auf ihrer Kreditkarte, "um sich hierdurch eine dauerhafte Einnahmequelle zu verschaffen", heißt es in der Anklageschrift. P. selbst sagt, mit dem Geld habe sie "wirre Sachen" angestellt: Reisen finanziert, Markenklamotten gekauft. Einen erheblichen Teil will sie gespendet haben. "Irgendwann habe ich abgeschaltet, lebte nur noch in meiner Traumwelt", zitiert das "Abendblatt".

2013 fliegt die Sache dann auf. Eine stutzig gewordene Kundin hakt wegen merkwürdiger Kontobewegungen bei der Bank nach. Diese wird aktiv und stellt bald fest: kein Einzelfall. Insgesamt 99 Kunden der Filiale sind betroffen. P. wird mit den Vorwürfen konfrontiert und zeigt sich selbst an. Nicht nur das scheint ihr vor Gericht zu Gute kommen. Auch ihre reuige Art und das zumindest teilweise nicht habgierige Motiv stimmen das Schöffengericht milde. Zwei Jahre auf Bewährung bekommt P., auf die trotzdem noch so einiges zukommen könnte. Denn nun liegt es an der Deutschen Bank, in einem zivilrechtlichen Verfahren auf Schadensersatz zu klagen. Die halbe Million Euro musste das Geldhaus schließlich der wohlhabenden Dame zurückzahlen - auch die begünstigten Kunden wurden zur Kasse gebeten. 

Die Angeklagte versteckte ihren Kopf übrigens während der Verhandlung unter einem dunklen Tuch oder Schal. Sie wollte unter keinen Umständen erkannt werden. Sie hat nämlich einen neuen Job in der Finanzbranche.

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