Die "elektronische Fußfessel" war bei der Einführung vor zehn Jahren heftig umstritten - jetzt zieht Hessen eine positive Bilanz des Projekts. In weniger als zehn Prozent der Fälle habe es Missbrauch und deshalb einen Widerruf der Bewährung gegeben, sagte Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) am Montag in Wiesbaden. Bei 709 Probanden in zehn Jahren sei das "ein sehr gutes Ergebnis." Die elektronische Fußfessel habe sich damit entgegen erster Unkenrufe als ein "geeignetes technisches Hilfsmittel" zur Vorbereitung auf ein Leben ohne Konflikt mit dem Gesetz erwiesen.
Hessen ist das einzige Bundesland, das die elektronische Fußfessel eingeführt hat. Auch in anderen Bundesländern wird das Projekt diskutiert: Baden-Württemberg will zum September ein eigenes Modellprojekt des elektronischen Hausarrestes auf Basis eines GPS-Systems einführen.
In Hessen können solche Täter statt Knast eine elektronische Fußfessel erhalten, die eine Strafe von bis zu zwei Jahre Haft auf Bewährung erhalten haben, oder deren Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Auch kann die Fußfessel bei Aussetzung eines Haftbefehl-Vollzugs angewendet werden. In den zehn Jahren seit Einführung erhielten 499 Straftäter mit Bewährungsstrafe und 210 Untersuchungshäftlinge eine Fußfessel, so die Bilanz des Justizministers.
In jedem Fall muss ein Richter die Maßnahme anordnen, der Proband muss zustimmen. Daraufhin erhält dieser ein Plastikband mit einem eingebautem Sender, das am Fuß befestigt wird. Der Sender erfasst, ob der Proband wie vorgesehen zuhause oder außer Haus ist. Fehlermeldungen werden an die Bereitschaftszentrale der Bewährungshelfer geschickt, die der Sache sofort nachgehen müssen.
"Das Geheimnis des Erfolges sind die Regelmäßigkeit, der strukturierte Tagesablauf und die sofortige Reaktion", sagte Hans-Dieter Amthor, Bewährungshelfer im Projekt elektronische Fußfessel beim Landgericht Darmstadt. Ziel sei keine vollständige Überwachung des Häftlings - vielmehr gehe es darum festzustellen: "Ist er da oder nicht da?"
Ein Verstoß werde sofort und nicht erst nach Wochen registriert, dazu komme die "wesentlich intensivere" Betreuung der Probanden. "Wir kennen die aus dem Effeff und können auch mal jemanden 'ne Runde um den Block schicken, damit er sich abregt", sagte Amthor. Zudem seien die Teilnehmer weiter bei ihren Familien und verlören den Kontakt zum sozialen Umfeld nicht. Das Projekt habe "nichts mit Überwachung zu tun, sondern schlicht und ergreifend mit Tagesorganisation", betonte auch Minister Hahn.
Voraussetzung für das Tragen einer elektronischen Fessel ist zudem eine geregelte Tätigkeit von mindestens fünf Stunden pro Tag. Hat ein Teilnehmer keine Arbeitsstelle, bekommt er eine gemeinnützige Arbeit vermittelt. Verweigert hätten sich in den zehn Jahren nur wenige Teilnehmer, nur einer habe sich die Fußfessel abgeschnitten.
Derzeit tragen den Angaben zufolge 62 Straftäter in Hessen eine elektronische Fußfessel, im Schnitt waren es 70 landesweit. Eine Fußfessel kostet in der Anschaffung etwa 2.000 Euro, pro Jahr belaufen sich die Kosten auf rund zwei Millionen Euro. Damit spare das Land etwa zwei Drittel der sonst anfallenden Haftkosten, betonte Hahn: Ein Hafttag koste im Schnitt etwa 96 Euro, ein Tag Fußfessel aber nur 33,32 Euro. "Wir haben weniger Kosten und zugleich eine bessere Resozialisierung der Probanden", unterstrich Hahn. Das sei ein Beispiel für "intelligentes Sparen".
Hessen werde das Projekt "auf alle Fälle so fortsetzen". Zudem will der Minister die Ergebnisse auf der Justizministerkonferenz am 23. und 24. Juni in Hamburg vorstellen und das Modell auch anderen Ländern empfehlen. Skeptisch äußerte sich Hahn dagegen zu der Überlegung, die elektronische Fußfessel bei der nachträglichen Sicherungsverwahrung einzusetzen.