Es ist ein ungewöhnlicher Vorgang: Die Berliner Polizei nimmt bei Facebook Stellung zu den Vorwürfen, sie hätte bei den Ermittlungen im Fall der Jugendlichen, die einen Obdachlosen in einem U-Bahnhof angezündet haben sollen, geschlampt.
Der Hintergrund des Vorwurfs: Am ersten Tag des Prozesses gegen die sieben Jugendlichen zu Beginn der Woche soll die Richterin festgestellt haben, dass die Aussagen von vier Angeklagten bei der Polizei nicht verwendet werden dürfen. Die Mordkommission soll die Beschuldigten in Abwesenheit ihrer Eltern oder ihrer gesetzlichen Vertreter befragt haben - genau das gehört laut Jugendgerichtsgesetz jedoch zu den Rechten von jugendlichen Beschuldigten.
Polizei-Panne bei den Ermittlungen?
Von einer "peinlichen Polizei-Panne", einem "Fehler" der Ermittler und einem "Versäumnis" ist in Berliner Medien die Rede, sogar das Platzen des Prozesses sei möglich. Auch in den sozialen Netzwerken werfen User der Polizei "Versagen" vor - genau dagegen wehrt sich die Polizei jetzt mit ihrem Facebook-Post:
Unter der Überschrift "Klargestellt" schreibt sie, dass fünf der mutmaßlichen Täter zum Tatzeitpunkt minderjährig gewesen seien, alle fünf hätten demnach die Möglichkeit gehabt, ihre Eltern oder Vormünder hinzuzuziehen.
Der Prozess geht weiter
"Die Mutter eines Angeklagten hatte explizit auf ihr Beisein bei der polizeilichen Vernehmung verzichtet", erklären die Ermittler. Bei drei weiteren der Flüchtlinge hätten die amtlich bestellten Vertreter auf ihr Anwesenheitsrecht freiwillig verzichtet. Der fünfte Jugendliche habe keine Angaben zu einer Betreuungsperson gemacht. Jeder der Angeklagten sei jedoch mit einem Dolmetscher auf seine Rechte hingewiesen worden. Lediglich die entsprechenden Aktenvermerke seien möglicherweise mangelhaft, dies hätte das Gericht aber durch die Befragung der beteiligten Beamten klären können, wenn es das gewollt hätte. Der Vorwurf des Versagens der Mordkommission sei somit "haltlos", so die Polizei, die unter ihrem Facebook-Post viel Zuspruch der Berliner für ihre Arbeit bekommt.
Insgesamt sind für den Prozess acht Verhandlungstage angesetzt, die Anklage lautet in sechs Fällen auf versuchten Mord, in einem Fall auf unterlassene Hilfeleistung. Da es noch zahlreiche andere Beweismittel gibt, zum Beispiel weitere Aussagen und Aufnahmen der Wahnsinnstat aus den Überwachungskameras, dürfte der Prozess auch wie geplant über die Bühne gehen.
