Die Zahl der Straftaten hat im vergangenen Jahr mit knapp über fünf Millionen Delikten einen neuen Tiefstand erreicht. 2021 ist die Zahl der von der Polizei erfassten Straftaten im fünften Jahr in Folge gesunken. Mit einem Rückgang von 4,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr war die Entwicklung diesmal sogar noch deutlicher als im ebenfalls von der Corona-Pandemie überschatteten Jahr 2020. In den Jahren 2014 bis 2016 hatten die Fallzahlen jeweils über sechs Millionen gelegen.
"Wir sind ein sehr sicheres Land und ein starker Rechtsstaat", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Dienstag bei der Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik 2021. Hier hätten sich Investitionen in mehr Personal ausgezahlt. Ihr Ziel sei es, unter anderem die Kapazitäten des Bundeskriminalamtes (BKA) zur Bekämpfung des Handels mit Darstellungen sexuellen Missbrauchs an Kindern und Jugendlichen zu erhöhen.
Laut Polizeistatistik positive Entwicklungen bei Aufklärung und Gewaltverbrechen
Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Bayerns Ressortchef Joachim Herrmann (CSU), sieht eine Ursache der gesunkenen Zahl von Straftaten auch in den Auswirkungen der Corona-Pandemie. So seien zeitweilig Geschäfte geschlossen gewesen, was Ladendiebstähle unmöglich machte. Zudem hätten sich viele Menschen im Homeoffice befunden, was Einbrecher abgehalten habe, sagte Herrmann in Berlin.
Aufklärungsquote: Hier ist der mittelfristige Trend positiv. Im vergangenen Jahr hat die Polizei 58,7 Prozent aller Fälle aufgeklärt. Zehn Jahre zuvor lag die Aufklärungsquote bei 54,7 Prozent. Allerdings weist das BKA in den Anmerkungen zu seiner Statistik auf einen Zusammenhang mit dem Rückgang der Diebstahlsfälle hin. Denn bei diesem Delikt ist die Aufklärungsquote generell niedrig, während sie beispielsweise beim Stalking oder beim Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte jeweils bei über 90 Prozent liegt.
Gewaltkriminalität: Die Zahl der registrierten Gewaltdelikte ging im Vergleich zum Vorjahr deutlich zurück – um 6,8 Prozent auf 164.646 Fälle. Etwa vier von fünf Gewaltstraftaten wurden aufgeklärt. Eine leichte Zunahme um 1,5 Prozent gab es lediglich bei Vergewaltigung, sexueller Nötigung und besonders schweren sexuellen Übergriffen.
Messerangriffe: Erstmals in der Statistik ausgewiesen werden Messerangriffe. Das hatte die Innenministerkonferenz angeregt. Für das Jahr 2021 zeigt sich: Bei 6,6 Prozent der Gewaltdelikte wurde ein Messer benutzt oder als Drohmittel verwendet. Als "Messerangriffe" im Sinne der Statistik gelten alle Taten, bei denen "der Angriff mit einem Messer unmittelbar gegen eine Person angedroht oder ausgeführt wird". Es reicht also nicht, dass ein Tatverdächtiger ein Messer lediglich bei sich führt – etwa verdeckt in der Jackentasche.
Pandemie und Homeoffice verhindern Einbrüche
Schlechte Zeiten für Einbrecher: Die Zahl der angezeigten Wohnungseinbrüche war wegen der Lockdown-Maßnahmen und Reisebeschränkungen schon 2020 rückläufig. Im vergangenen Jahr sank sie abermals – um 27,7 Prozent auf 54.236 Fälle.
"Millionen Menschen haben im vergangenen Jahr überwiegend im Homeoffice gearbeitet. Das hat sich abschreckend auf Einbrecher ausgewirkt, weil dadurch das Entdeckungsrisiko zu hoch war", sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Außerdem zahlten sich die zunehmenden Investitionen der Bürger in Sicherheitstechnik aus. Die Schadenhöhe habe sich insgesamt um 40 Millionen Euro auf 180 Millionen Euro verringert. Die Summe, die im Schnitt pro Schaden anfiel, stieg laut GDV von 2700 Euro auf 3100 Euro.
Kriminalität im Internet: Auch die Fälle von Cyberkriminalität nahmen um 12,1 Prozent zu. "Wir beobachten insgesamt eine strukturelle Veränderung der Kriminalität", sagt BKA-Präsident Holger Münch. Seit 2015 habe sich die Zahl der von der Polizei erfassten Cybercrime-Delikte etwa verdoppelt; in der Pandemie habe es sich besonders beschleunigt. Im vergangenen Jahr wurden der Polizei 146.363 Fälle bekannt – obwohl die Anzeigequote in diesem Bereich niedrig ist. Hier müssten Kapazitäten ausgebaut werden, forderte Münch. "Wir werden große Anstrengungen unternehmen müssen, um Schritt zu halten."

Missbrauch an Kindern großes Problem
Kindesmissbrauch: Einen Anstieg zeigt die Polizeiliche Kriminalstatistik für 2021 beim Kindesmissbrauch – um 6,3 Prozent auf 15.507 Fälle. Noch deutlicher beim Handel mit Darstellungen sexuellen Missbrauchs an Kindern (plus 108,8 Prozent). Das liege auch daran, dass mehr Taten entdeckt worden seien, sagte Faeser. Ein Grund ist die hohe Zahl von Meldungen des National Center of Missing and Exploited Children in den USA zu Delikten mit Tatort in Deutschland. Ein weiterer Faktor ist den Angaben zufolge, dass Kinder und Jugendliche kinder- und jugendpornografische Bilder in Gruppenchats teilen und somit verbreiten, zum Beispiel via WhatsApp, Instagram oder Snapchat. Manchmal ohne zu wissen, dass dies verboten ist.
"Diese Entwicklung müssen wir stoppen", sagte die Bundesinnenministerin. Sie kündigte die weitere Verstärkung der in dem Bereich ermittelnden Teams an. Die Auswertung entsprechender Daten solle auch durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz verbessert werden. "Die hohen Zahlen im Bereich des Handels mit Darstellungen sexuellen Missbrauchs an Kindern sind sehr beunruhigend und zeigen den weiterhin großen Handlungsbedarf", sagt die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic.
Herrmann fügte hinzu, dass auch die Justiz sich stärker spezialisiere und es in seinem Bundesland inzwischen Justizbeamte gebe, die sich auf den Bereich Kinderpornografie spezialisiert hätten.
Drogen: Die Zahl der erfassten Rauschgiftdelikte sank 2021 laut Statistik leicht, um 1,3 Prozent auf 361.048 Fälle. Die Entwicklung war jedoch, je nach Droge, unterschiedlich. Bei Heroin, Kokain und Crack sowie bei LSD stellten die Polizeibehörden einen Zuwachs fest, während die Zahl der polizeibekannten Fälle, in denen es um Cannabis und Amphetamine ging, abnahm.
Opfer: Obgleich im vergangenen Jahr weniger Straftaten verübt wurden, stieg die Zahl der Opfer im Alter unter 14 Jahren im Vergleich zum Vorjahr an. Im vergangenen Jahr wurden laut Statistik 71.931 Kinder Opfer von Straftaten. Das waren 1825 ganz junge Opfer mehr als im Jahr zuvor.