Säuglingstötung Babyleichen in Blumenkasten verscharrt

Grauenhafter Fund in Brandenburg: Eine 39-jährige Frau soll neun ihrer Kinder nach der Geburt getötet und dann vergraben haben. Die Verdächtige bestreitet die Taten allerdings. In der deutschen Kriminalgeschichte ist der Fall wohl einmalig.

Auch für Polizeisprecher Peter Salender ist das in der deutschen Kriminalgeschichte wohl einmalige Verbrechen kaum fassbar: Neun Babyleichen haben die Beamten in Brandenburg entdeckt. "Wir können nicht ausschließen, dass es weitere getötete Babys gibt", so Salender. Gegen die Mutter wurde am Montag Haftbefehl erlassen. Die 39-Jährige aus Frankfurt (Oder) soll ihre Säuglinge zwischen 1988 und 2004 jeweils gleich nach der Geburt getötet und dann versteckt haben, wie Staatsanwalt Michael Neff mit Entsetzen in der Stimme mitteilte. Die Frau bestreitet die Taten.

Leichname in Blumenkästen

Die Leichname soll sie in Blumenkästen und -Töpfen auf einem weitläufigen Grundstück hinter zwei Garagen in Brieskow-Finkenheerd versteckt haben, einem kleinen Ort südlich von Frankfurt (Oder) an der deutsch-polnischen Grenze. Dort machte nach Angaben der Polizei am vergangenen Sonntag ein Zeuge den ersten grausigen Fund. Er entdeckte bei Aufräumarbeiten Knochen und alarmierte die Polizei. Um 13.41 ging der Hinweis ein. Die ausgerückten Beamten fanden dann nach und nach mehr Leichen. "Die Knochen waren in Blumenkästen und Blumentöpfen, die alle relativ nahe zusammen standen", sagte Salender.

Auch den ganzen Montag über suchten 40 Bereitschaftspolizisten mit Hunden nach weiteren Leichenteilen oder gar weiteren Toten. Zudem seien Beweismittel für einen Gerichtsprozess zu sichern, sagte Salender. Erst am späten Nachmittag beendeten die Ermittler vorerst ihre Arbeit am Tatort, ohne aber weitere Leichen entdeckt zu haben. "Wir mussten die Suche gegen halb fünf abbrechen, weil zu viele Journalisten vor Ort waren" erklärte der Sprecher. "Das hat die Suchhunde verwirrt."

Zitat

"Wir stehen vor einem Verbrechen, das es in diesem Ausmaß in der Geschichte der Bundesrepublik nach meiner Erinnerung noch nie gegeben hat." (Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) nach dem Fund von neun Babyleichen in Brieskow-Finkenheerd)

Gegen die Mutter wurde am Montag Haftbefehl wegen des Verdachts auf neunfachen Totschlag verkündet, sie sitzt in Untersuchungshaft. Mit Einzelheiten zu ihrer Person hielten sich Staatsanwaltschaft und Polizei zunächst zurück. Somit blieb unklar, ob die mutmaßliche Täterin weitere Kinder hat und verheiratet ist. Einem Polizeisprecher zufolge hatte sie sich nach einer ersten Ehe bereits scheiden lassen. Wie der aktuelle Familienstand ist, konnte der Sprecher nicht sagen.

Die Frau wurde am Montag von der Staatsanwaltschaft verhört und soll sich zu den Vorwürfen eingelassen haben. Ein Geständnis sei dies aber noch nicht gewesen, sagte Justizsprecher Neff. Weitere Details des Verbrechens wollen die Ermittler erst am Dienstag auf einer Pressekonferenz nennen.

Höhepunkt einer Reihe von Kindstötungen

Für Brandenburg ist der Grauen erregende Fund der bisherige Höhepunkt einer Reihe von Kindstötungen. Im Juli 1999 hatte eine damals 23-jährige Frau im Plattenbauviertel Neuberesinchen in Frankfurt (Oder) ihre zwei und drei Jahre alten Söhne in der Wohnung eingeschlossen und zwei Wochen lang alleine gelassen. Die Kinder waren qualvoll verhungert und verdurstet.

Im Juni 2004 hatten Polizisten in der Wohnung einer Familie in Cottbus die Leiche eines Kindes gefunden. Die Eltern sollen das tote Kind zweieinhalb Jahre in ihrer Kühltruhe versteckt haben, nachdem es Ende 2001 an Entkräftung gestorben war. Ende des Jahres soll deshalb der Prozess vor dem Landgericht Cottbus beginnen. Das jetzige Verbrechen ist jedoch möglicherweise sogar europaweit der bislang schlimmste Fall von Kindstötungen.

Unter welchen Umständen sich das Grauen erregende Geschehen zutragen konnte, wird sich erst in den nächsten Tagen klären. Es wird zu fragen sein, ob jemand von den Schwangerschaften der Frau wusste und wie es so weit kommen konnte. Am Montag einte Behörden, Nachbarn und Ermittler zunächst einmal das Entsetzen über diesen Fall.

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