Der Amokschütze von Stade war möglicherweise ein so genannter Stalker, der sein Opfer über längere Zeit bedrängte. Der 61-Jährige habe der Frau vor den tödlichen Schüssen am Dienstag über längere Zeit nachgestellt, teilte die Polizei am Mittwoch mit. Die 36-Jährige hatte sich nach den Ermittlungen vor zwei Jahren von dem Mann getrennt. Dieser habe sich dann bei seinen vergeblichen Kontaktversuchen oft vor dem Wohnhaus des Opfers aufgehalten. Auch per Telefon habe er den Kontakt gesucht. Ob sich die Bedrängte deswegen bereits an die Polizei gewandt hatte, werde noch geprüft, sagte der Sprecher.
Die "Anschleicher"
Das Wort Stalking kommt aus dem Englischen (sich anschleichen) und bezeichnet die hartnäckige Belästigung und Verfolgung eines bestimmten Menschen. Betroffen davon sind nicht nur Prominente, sondern auch Normalbürger. Das Strafrecht kann bisher erst eingreifen, wenn es bereits zu einer Straftat wie Beleidigung, Nötigung oder Körperverletzung gekommen ist. Seit 2002 gibt es zudem das Gewaltschutzgesetz: Danach kann das Opfer vor dem Zivilgericht eine Schutzanordnung erwirken, beispielsweise ein Kontakt- oder Näherungsverbot, dessen Nichteinhaltung mit Ordnungsgeld oder -haft bestraft wird.
Selbstmord nach Todesschuss
Nach dem Todesschuss auf die 36-Jährigen hatte der Täter Selbstmord begangen. Zuvor hatte er noch vier andere Menschen mit Schüssen schwer verletzt. Unter ihnen eine 34 Jahre alte ehemalige Freundin sowie eine Frau und zwei Männer, die der auf offener Straße bedrohten 34-Jährigen helfen wollten. Alle Verletzten befanden sich am Mittwoch außer Lebensgefahr, teilte ein Polizeisprecher mit.
Wie viele Schüsse der Täter insgesamt abfeuerte, sei noch nicht geklärt, sagte der Sprecher. Die Ermittler gingen jedoch davon aus, dass der Mann das Magazin der Waffe ein Mal nachgeladen hat. Geschossen habe er aus einer nicht registrierten 9-Millimeter-Pistole. Für die habe der pensionierte Polizist keinen Waffenschein besessen. Für den Einfluss von Drogen oder Alkohol bei der Tat gebe es keine Anhaltspunkte.
Die Aufklärung der Motive des von seiner Ehefrau getrennt lebenden Täters werde die Polizei nicht vertiefen, sagte Sprecher Detlev Schlichting-Reinecke. Nach dem Tod des Mannes gebe es dafür keinen Anlass mehr. Der 61-Jährige hatte in seiner Wohnung insgesamt drei Abschiedsbriefe hinterlassen, bevor er seine Opfer aufsuchte. In den Schreiben habe er von Beziehungsproblemen gesprochen, Selbstmordabsichten geäußert und angekündigt, dass "etwas Schlimmes passieren" werde. Die getötete 36-Jährige hinterlässt eine schwer behinderte zehn Jahre alte Tochter.