Es ist ein historischer Ort, an dem 13 bayerische Bergsteiger ihr Nachtlager aufschlugen: Der Große Ararat ist mit 5165 Metern der höchste Berg der Türkei. Schon in der Bibel wurde das Massiv erwähnt, auf dem Gipfel des Ararat soll die Arche Noah nach der Sintflut gelandet sein.
Auch die deutschen Alpinisten wollten auf den Gipfel. Spätabends erreichten sie in 3200 Meter Höhe das Basiscamps des Bergs. Am nächsten Tag sollte der Aufstieg gelingen. Doch so weit kam es nicht. Denn gegen 22 Uhr wurde die Gruppe von mehreren PKK-Kämpfern überfallen. Die fünf bewaffneten Männer drangen in das Lager ein und trieben die Bergsteiger zusammen, berichtete ein Familienmitglied eines Angehörigen der Gruppe der "Mittelbayerischen Zeitung" ("MZ"). Dann habe es Verhandlungen zwischen den Geiselnehmern und den deutschen Touristen gegeben, in deren Verlauf sich drei Alpinisten, der 33-jährige Lars R., der 47-jährige Martin Scholz und der 65-jährige Helmut Hainzlmeier selbst als Geiseln angeboten hätten. "Die Frauen haben sie sowieso weggeschickt. Sie sind zuvorkommend behandelt worden", berichtete der Mann, der am Mittag nach der Entführung Kontakt mit den freigelassenen Mitgliedern der Gruppe hatte.
"Es war schon eine gewisse Aufregung da"
Ähnliches erzählte auch die Ehefrau eines der zehn Bergsteiger, die nach der Entführung in die Stadt Dogubayazit zurückgekehrt sind. Christiane Lettow-Berger erhielt mittags die erlösende Nachricht, dass ihr Mann nicht zu den drei Geiseln gehört. "Er hat angerufen", sagte sie der "MZ". Dabei habe er ihr kurz geschildert, was sich ereignete. "Es war schon eine gewisse Aufregung da", beschrieb ihr der Mediziner, allerdings hätten die Geiselnehmer keinerlei Gewalt angewendet.
Die Bergtour auf den Ararat wurde von der Ortsgruppe des Deutschen Alpenvereins (DAV) in der bayerischen Kleinstadt Kehlheim organisiert und vom Münchner Reiseanbieters seb-tours durchgeführt. Dass es sich bei den Überfallenen um eine Gruppe des DAV Kelheim handelt, bestätigte Thomas Urban, Hauptgeschäftsführer des DAV. "Wir wissen, dass drei Personen entführt worden sind", so Urban. Der DAV stehe in Kontakt mit dem Auswärtigen Amt. "Die Region galt als unproblematisch. Wir sind völlig überrascht."
Leiter der Tour war der Vorsitzende des Ortsvereins, Helmut Hainzlmeier. Auch sein Sohn Klaus befindet sich nach "MZ"-Informationen unter der Gruppe. Helmut H. gilt in dem Ort als zuverlässiger und besonnener Mann und erfahrener Bergsteiger. Der Schatzmeister der DAV-Sektion, hatte stern.de gesagt: "Ich kenne ihn seit zehn Jahren. Er ist ein erfolgreicher Ingenieur und keiner, der ein großes Risiko eingeht.", sagte Christian Mader. "Ich bin geschockt und ratlos, hoffe aber, dass es gut ausgeht." Helmut Hainzlmaiers Schwester ist zuversichtlich, dass die Geiselnahme ein gutes Ende nehmen wird. "Ich glaube das geht alles gut aus. Mein Bruder ist da sehr, sehr abgeklärt", sagte Elfriede H. der AP. "Ich traue mich wetten, dass ihm seine durchdachte und menschliche Art helfen wird." H. habe als Bergsteiger bereits Touren in verschiedenste Länder wie Bolivien und Tibet organisiert und sei sehr erfahren. "Er bewahrt immer einen kühlen Kopf", betonte sie.
Auswärtiges Amt bemüht sich um Freilassung
In München steht ein Kriseninterventionsteam des DAV in den Startlöchern, um die Alpinisten in der Türkei zu betreuen, sagte Andrea Händel, Pressesprecherin des DAV. Die besonders geschulten Bergwacht-Mitglieder könnten bereits am Donnerstag tätig werden.
Unterdessen bemüht sich der Krisenstab des Auswärtigen Amtes in Berlin um die Freilassung der Geiseln. Man sei "intensiv bemüht, eine Lösung des Falles herbeizuführen", sagte ein Sprecher Einzelheiten nannte er im Interesse der Sicherheit der Geiseln nicht. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte am Mittwochabend erklärt: "Wir bemühen uns intensiv um die Aufklärung der Hintergründe, und natürlich unternehmen wir alles, um zu einer baldigen Freilassung zu kommen." Die Experten des eingesetzten Krisenstabes stünden "in Verbindung mit den Verantwortlichen in der Türkei". Nach Angaben des Gouverneurs der Provinz Agri, Mehmet Cetin, will die PKK ihre Geiseln in den kommenden Tagen wieder freilassen. Sie habe die Entführung mit den "jüngsten Aktionen" der Bundesregierung gegen die PKK begründet.
Dahinter steckt wohl das am 19. Juni 2008 vom Bundesinnenministerium verhängte Betätigungsverbot für den kurdischen Fernsehsender Roj-TV. Der in Dänemark ansässige Sender diente nach Ansicht von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble als Sprachrohr der verbotenen PKK. Die in Wuppertal beheimatete TV- Produktionsgesellschaft Viko Fernseh Produktion GmbH wurde aufgelöst.
Von Malte Arnsperger und Martin Rutrecht, Gunter Lehmann ("MZ")