USA Jugendliche tötete ihren mutmaßlichen Vergewaltiger – jetzt muss sie 150.000 Dollar Entschädigung zahlen

Gericht in den USA
Das Mädchen wurde von einem Gericht in den USA zu fünf Jahren Haft auf Bewährung verurteilt (Symbolbild)
© Traveler1116 / Getty Images
In den USA hat ein Mädchen ihren mutmaßlichen Vergewaltiger erstochen. Von einem Gericht wurde sie dafür zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Außerdem muss sie 150.000 Dollar an die Familie des Opfers zahlen.

Im Juni 2020 tötete Pieper Lewis, damals 15 Jahre alt, einen 37-jährigen Mann in seiner Wohnung mit 30 Messerstichen. Das Mädchen war zuvor offenbar von ihrer Stiefmutter misshandelt worden und von zu Hause ausgerissen. Zunächst kam sie bei Freundinnen und Nachbarn unter, dann nahm sie ein 28-Jähriger auf, der sie anderen Männern zum Sex anbot.

Unter diesen Männern war auch ihr späteres Opfer. Der Mann soll Lewis mehrfach vergewaltigt haben. Heraus kamen diese Vorfälle allerdings nicht im Rahmen eines Vergewaltigungsprozesses. Vielmehr stand Lewis selbst wegen Mordes vor Gericht – weil sie den Mann erstochen hatte.

Vor Gericht sagte Lewis aus, dass sie nach einer der Vergewaltigungen ein Küchenmesser genommen und ihren Peiniger erstochen habe. Das Gericht verurteilte die mittlerweile 17 Jahre alte Angeklagte deswegen nun zu fünf Jahren Haft auf Bewährung und 200 Stunden gemeinnütziger Arbeit. Außerdem muss sie 150.000 US-Dollar an die Familie ihres Opfers zahlen.

Haftstrafe zur Bewährung ausgesetzt

In der Verhandlung hatte sich Lewis des Totschlags und der schweren Körperverletzung für schuldig erklärt. Auf beide Vergehen stehen eigentlich jeweils bis zu zehn Jahre Gefängnis. Aufgrund der Umstände setzte der Richter die Strafe jedoch nur zur Bewährung aus. Der "New York Times" zufolge soll die 17-Jährige die kommenden fünf Jahre in einer stationären Einrichtung leben und in dieser Zeit ein GPS-Ortungsgerät tragen. Allerdings ist in dem Bundesstaat gesetzlich vorgeschrieben, dass die Familie des Opfers finanziell entschädigt werden muss. "Das Gericht hat keine andere Wahl", sagte der Richter. Im Gegensatz zu anderen US-Bundesstaaten gebe es in Iowa kein sogenanntes Safe-Harbor-Gesetz (dt. Sicherer-Hafen-Gesetz), das Opfern von Menschenhandel ein gewisses Maß an Straffreiheit garantiere.

Im Prozess war unstrittig, dass Lewis verkauft und vergewaltigt wurde. Die Staatsanwaltschaft argumentierte jedoch, dass der Vergewaltiger geschlafen habe, als das Mädchen ihn erstochen habe. Somit habe er in der Situation keine unmittelbare Gefahr mehr dargestellt. Zudem sprach sich die Staatsanwaltschaft dagegen aus, die Jugendliche in dem Fall als Opfer zu bezeichnen. Die Angeklagte habe keine Reue für ihre Tat gezeigt und keine Verantwortung dafür übernommen, den Mann getötet und "seine Kinder ohne Vater zurückgelassen" zu haben.

"Ich bin eine Überlebende"

Polizeiangaben zufolge riss sei die junge Frau mit 15 Jahren mehrfach von zu Hause aus, um dem instabilen Zusammenleben mit ihrer Adoptivmutter zu entkommen. Zunächst, so die "New York Times", habe sie bei der älteren Schwester einer Klassenkameradin gewohnt. Als das nicht mehr ging, habe sie im Flur der Wohnanlage geschlafen. Anschließend sei sie eine Weile bei einem Nachbarn untergekommen. Als der jedoch gewalttätig geworden sei, habe die Jugendliche erneut im Flur genächtigt. Dort habe sie ein anderer Nachbar aufgelesen – ebenjener Mann, der sie dann gegen ihren Willen auf Dating-Plattformen anmeldete und mit Gewalt anderen Männern gegen Geld zum Sex überließ.

Nach dem Urteil verlas Pieper Lewis, die der Nennung ihres Namens zugestimmt hatte, eine vorbereitete Erklärung. "Meine Seele ist verbrannt, aber sie glüht immer noch durch die Flammen", sagte sie. "Hört mich brüllen, seht mich leuchten und seht zu, wie ich wachse. Ich bin eine Überlebende." 

"Zweite Chance" für die Teenagerin

"Die nächsten fünf Jahre deines Lebens werden voll von Regeln sein, mit denen du nicht einverstanden bist, da bin ich mir sicher", erklärte der Richter der 17-Jährigen. "Das ist die zweite Chance, um die du gebeten hast. Eine dritte bekommst du nicht." In der Jugendhaftanstalt, in der die Teenagerin seit ihrer Tat untergebracht worden war, soll sie mehrfach gegen die Gefängnisregeln verstoßen habe. Während ihrer Zeit in Haft habe sie ihren Highschool-Abschluss gemacht. "Sie hat Pläne für ihre Zukunft", sagte Paul White, einer ihrer Anwälte.

Der damals 28-Jährige, der die Jugendliche damals "aufgenommen" und verkauft habe, sei bisher nicht angeklagt, berichtet die "New York Times". Die Angelegenheit werde noch untersucht und könne deshalb nicht kommentiert werden, zitiert die US-Zeitung den zuständigen Staatsanwalt.

Quellen: AP / "New York Times"

epp / yks

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