Weihnachtsmann des Jahres Showdown unter den Rauschebärten

Von Andreas Klatt
Singen, reiten, einpacken, trösten - Weihnachtsmänner brauchen viele Qualifikationen. Doch welcher Weihnachtsmann ist der Beste? Die Stadt Celle hat eine Art Casting-Show gemacht.

Der Weihnachtsmann - oder sagen wir: die Weihnachtsmänner - haben in den kommenden Wochen wieder einen echten Arbeitsmarathon vor sich: Sie reisen für Coca-Cola in einem roten Truck durch die Republik, verteilen in unzähligen Kaufhäusern Broschüren und treten im Fernsehen auf, um Handys anzupreisen. Doch damit nicht genug. Nun müssen sie sich auch noch untereinander messen. Die Stadt Celle hat zum Wettbewerb um den Titel "Weihnachtsmann des Jahres" und damit am vergangenen Samstag für einen Medienrummel gesorgt, der sogar Bürgermeister Martin Biermann beeindruckt: "Damit hätte ja wohl niemand gerechnet."

Solche Sätze machen Alexander Hass von der "Tourismus Region Celle" stolz - immerhin war er es, der den Wettbewerb erfunden hat. Gleichzeitig lässt Hass in Celle auch ein "Männer-Parking" veranstalten: Vor dem Weihnachtsbummel können Frauen ihren Göttergatten bei der Stadt abgeben. Während die Dame dann in aller Ruhe shoppen geht, darf er sich am Kicker vergnügen. Auch aufgrund dieser Idee ist Celle voll mit Reportern und Kamerateams.

Vor dem Celler Residenz-Schloss wird nun der Weihnachtsmann-Wettbewerb ausgetragen, die Teilnehmer müssen 14 Aufgaben absolvieren, darunter auch einige, die etwas Athletik abverlangen: auf dem Rentier Rodeo reiten, Tannenbäume unter Zeitdruck schmücken, Hufeisen schmieden und Slalom mit dem Schlitten fahren. 45 Bewerber aus allen Teilen Deutschlands sind herbeigeströmt - dem Sieger winkt immerhin ein Preisgeld von 2000 Euro.

Reimen, trösten, reiten

Am härtesten ist naturgemäß die Aufgabe, ebenso konsumgierige wie knatschige Kinder zu beruhigen. Weisungsgemäß schluchzen sie vor dem Weihnachtsmann im Akkord: "Ich hab eine Barbie bekommen, und nicht den Nintendo, den ich mir so gewünscht habe." Mit Haarestreicheln und Gut-Zureden ist bei den Kleinen nichts auszurichten, wie einige Kandidaten erfahren müssen. Erst ein Bewerber aus der Ukraine versteht, dass das Herz letzten Endes doch immer die besten Argumente hat und sogar sprachliche Barrieren überspringen kann: Er stimmt einfach in das Heulkonzert mit ein und kassiert die volle Punktzahl.

Zwischendurch, wenn Alexander Hass die nächste Aufgabe ankündigt, glaubt man wirklich für einen kurzen Moment, Frank Elstner auf der kleinen Showbühne vor sich stehen zu haben. Betont gut gelaunt ruft er zum Endspurt auf: "Jetzt tritt bitte jeder nacheinander nach vorn, sagt seinen Namen und dann so richtig schön: hohohoho." Der heilige Nikolaus von Myra, auf den die weihnachtliche Tradition zurückgeht, hätte sich vermutlich im Grabe umgedreht. Aber die anwesenden Fernseh- und Radioteams fühlen sich bestens unterhalten: Antenne Brandenburg zum Beispiel berichtet nicht nur, sondern hat sogar die eigenen Frühstücksmoderatoren ins Rennen um die Weihnachtsmann-Krone geschickt.

"Habe mich wohl zu sehr um die Kinder gekümmert"

Hinrich Raske aus Tungeln bei Oldenburg stützt sich auf die Absperrung vor der Bühne. Er gehört zu den Berufsprofis an diesem Abend, die sich mit Auftritten in Unternehmen und Familien das Weihnachtsgeld versüßen. Die vorab gelaufene Onlineabstimmung hatte er bereits für sich entschieden und seine Homepage mit dem Banner "Deutschlands bester Online-Weihnachtsmann 2006" geschmückt, aber an diesem Abend war für ihn bereits nach der Vorrunde Schluss. "Hab mich wohl zu sehr um die Kinder bemüht", murmelt Raske in seinen Rauschebart. Dabei könnte man ihn wirklich als Weihnachts-Nerd bezeichnen: "Als ich mit meiner Frau zusammengezogen bin, hatte jeder von uns zwei Kisten mit Dekokram." Seine Tochter, die neben ihm steht, rollt mit den Augen. "Inzwischen sind es neun." Einer seiner Konkurrenten ist aus der russischen Region Volagda nördlich von Moskau angereist, er nennt sich "Väterchen Frost". Er ist stattliche zwei Meter groß, trägt ein glitzerndes Kostüm, dazu das Weihnachtszepter - hier könnte es sich wirklich um das Original handeln. Wenn er einem mit seinen roten Prankenhandschuhen die Hand drückt, versteht man schnell, warum dieser Mann auf das Mitführen einer Rute nicht angewiesen ist. "Für gute Taten gibt es keine Grenzen", lässt Väterchen Frost über seinen Dolmetscher erklären, und man ist froh, dass er einem dabei nicht freundschaftlich auf die Schulter klopft.

Kindersorgen unterm Weihnachtsbaum

Weitere Details gibt er nicht preis. Dabei hätte er eine interessante Geschichte zu erzählen: Der Moskauer Bürgermeister hatte 1998 die Idee, den russischen Weihnachtsmann aus Volagda zu holen und die Reiseroute zwischen Moskau und dem Ort touristisch zu vermakrten. Dabei muss "Väterchen Frost" natürlich helfen - und zusätzlich weitere staaatstragende Aufgaben übernehmen. Jedes Jahr erhält er etwa 26.000 Briefe von Kindern, die er beantworten muss. Und zwar so, dass "die Jugend an die Quellen russischer Sittlichkeit" herangeführt wird, wie es auf der Homepage des Mannes heißt.

Keine Frage, Alexander Hass hätte seine helle Freude daran, auch dieses Projekt zu vermarkten. Ein großer Teil der Fernsehteams hat seine Kamera bereits abgebaut, als um 18 Uhr der Gewinner des Weihnachtsmann-Wettbewerbs feststeht. Nur das ZDF hält voll drauf: Sein Redakteur Oliver Deuker hat das Rennen für sich entschieden. Trostpflaster für Antenne Brandenburg - Moderatorin Manuela Lenz gewann bei den Weihnachtsfrauen.

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