Gymnasium Trittau "Wir hoffen, dass du bald wieder kommst"

Die schrecklichen Bilder aus Asien verbinden die Schüler der 7. Klasse des Gymnasiums in Trittau mit einem konkreten Namen - dem von Jannick. Die Hoffnung auf eine Rückkehr des Zwölfjährigen schwindet von Tag zu Tag.

Nach den Weihnachtsferien kommt Jannick nicht mehr in die Schule. Sein Stuhl in der 7d bleibt leer, und weil er so leer ist, basteln seine Freunde ein Album und legen es auf seinen Platz. Jannick ist in Thailand verschollen. Er starb wahrscheinlich bei der Flutkatastrophe, als er mit seiner Familie dort Urlaub machen wollte. "Dein breites Lachen und dein freundliches Gesicht fehlen in der Klasse", steht in dem Album. Und: "Das hast du nicht verdient. Wir hoffen, dass du bald wieder kommst."

"Wir wollten das gar nicht wahrhaben"

Die 26 Mädchen und Jungen der Klasse 7d des Gymnasiums Trittau haben schon in den Weihnachtsferien erfahren, dass der zwölfjährige Jannick nicht mehr aus dem Urlaub zurückgekehrt ist. "Erstmal haben wir eine Telefonkette gestartet", erzählt die Klassensprecherin Jana Troeger. "Wir wollten das gar nicht wahrhaben, erst als er nach den Ferien nicht da war, haben wir begriffen." Jannicks Mutter wird ebenfalls vermisst. Seine Schwester hat überlebt, will aber nicht darüber sprechen, was passiert ist. Sie geht in die 9. Klasse des Gymnasiums Trittau.

Die 7d gibt eine Abschiedsstunde für Jannick; eine Lehrerin spielt ein Lied; Blumen stehen auf seinem Platz neben dem Album. Viele der 890 Kinder und Jugendlichen seien bis heute in psychotherapeutischer Behandlung, sagt Schulleiter Hartmut Jokisch. Das Schwierige für die Kinder: Die erschreckenden Bilder aus dem Fernsehen verbinden sie mit einem bekannten Gesicht, mit einem konkreten Namen - dem von Jannick aus der 7d. "Auch Kinder anderer Klassen, die Jannick zum Teil gar nicht kannten, haben Alpträume", sagt Jokisch.

"Keiner weiß, wie er sich verhalten soll. Betrauern kann man nur jemanden, von dem man weiß, dass er nicht wiederkommt. Abschied nehmen ist aber quasi verboten, so lange Jannick offiziell als vermisst gilt." Die Hoffnung auf eine Rückkehr des Jungen schwindet von Tag zu Tag. In der Schule halten sich hartnäckig Gerüchte, dass Jannick noch lebt. Er soll in Krankenhäusern und anderswo immer wieder gesehen worden sein. "Es wäre für uns leichter, wenn wir wüssten, was los ist", sagt Mona Martens aus der 7d.

Klassenclown mit coolen Sprüchen

Die Mitschüler denken an Jannick, den Klassenclown mit den coolen Sprüchen. Der manchmal auch unfreundlich sein konnte und nervte, und von dem sie jetzt sagen: Die Lücke merkt man deutlich. "Vorher fiel uns nie auf, wie wichtig es ist, dass wir vollständig sind", sagt Mona. Die Klasse hat einen Andachtsraum eingerichtet, in den sich Schüler zurückziehen und an Jannick denken können. Dort liegt auch das Album aus. Wer möchte, kann etwas hineinschreiben. Im Februar verkauften die Kinder aller Klassen zwei Tage lang Bücher, Spiele und Kuchen für die Opfer der Flutkatastrophe. Das Geld, rund 4310 Euro, geht an die Aktion "Schulen helfen Schulen" des stern. Am 1. März hat die Gemeinde in der Trittauer Kirche eine Andacht lesen lassen für Jannick und seine Mutter.

Die 7d ist mittlerweile in ein neues Klassenzimmer umgezogen. Hier gibt es keinen freien Platz mehr. Auf die Frage, wie viel Schüler in der 7d sind, sagt ein Mädchen: "26, aber wir sagen immer noch 27. Weil Jannick ja eigentlich noch da ist."

Kristina Pezzei

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