Dieses Verhalten macht einfach nur unfassbar wütend: In Hagen haben am Mittwochnachmittag Hunderte Gaffer die Rettungsarbeiten nach einem schlimmen Verkehrsunfall so massiv behindert, dass sich die zuständige Polizeidirektion zu einer Reaktion gezwungen sah. Unter der Überschrift "Schämt Euch, Ihr Gaffer vom Hauptbahnhof!" ließen die Beamten in einem auf Facebook veröffentlichten Wutbrief ihrem Frust freien Lauf - und ernten damit großen Zuspruch aus der Bevölkerung.
Dem Polizeibericht zufolge war in der nordrhein-westfälischen Stadt eine Zehnjährige beim Überqueren einer roten Ampel von einem Auto erfasst und zu Boden geschleudert worden. Das Mädchen erlitt bei dem Unfall schwere Verletzungen und musste später per Rettungshubschrauber in eine Bochumer Klinik geflogen werden. Rund 200 bis 300 Menschen, wie ein Sprecher der Hagener Polizei gegenüber dem stern bestätigte, ließen sich jedoch nicht davon abhalten, ihre Handys zu zücken und die Szenerie unverhohlen zu filmen.
"Ihr solltet euch was schämen"
"Ihr solltet euch was schämen, dass mehrere hundert von Euch mit dem Smartphone in der Hand die Rettungsarbeiten massiv behindert haben. Euch ging es nur darum, das verletzte Kind und die Landung des Hubschraubers zu filmen", heißt es in dem erbosten Facebook-Post. Die Gaffer verhielten sich demnach derart penetrant und uneinsichtig, dass sogar zusätzliche Streifenwagen notwendig waren, um den Rettungskräften den nötigen Platz für die Erstversorgung des Mädchens zu verschaffen. Damit aber noch nicht genug: "Polizisten in der Absperrung habt ihr gefragt, ob sie mal an die Seite gehen können, damit ihr besser filmen könnt. Unfassbar!", schreiben die Beamten weiter.
Selbst als die Feuerwehr die Zehnjährige mit Tüchern abgedeckt habe, um sie in Ruhe behandeln zu können, hätten die Schaulustigen nicht abgelassen. "Selbst das hat Euch nicht daran gehindert, mit Euren Smartphones in der Hand angelaufen zu kommen und über die Tücher zu gaffen." Für die Polizisten der "Gipfel der Skrupellosigkeit".
"Gafferei hat erheblich zugenommen"
"In dieser Größenordnung haben wir so einen Vorfall bisher noch nicht erlebt", sagte der Sprecher dem stern. Auch wenn der Hauptbahnhof ein neuralgischer Punkt mit vielen Menschen - gerade am Nachmittag - sei, sei das Geschehene nicht nachvollziehbar. "Insgesamt haben wir aber leider den Eindruck, dass die Gafferei in den Jahren und aufgrund der Möglichkeiten, die Smartphones bieten, erheblich zugenommen hat", so der Sprecher. Er bedauert, dass es "im Chaos der Situation nicht möglich war, die Personalien der Gaffer aufzunehmen. Dies hätte die Rettungsarbeiten nur noch mehr verlangsamt".
Personen, die ihre Aufnahmen veröffentlichten, müssten jedoch mit Konsequenzen rechnen. "Natürlich werden wir dagegen entschieden vorgehen, sollten wir Videos oder Postiungs entdecken", machte der Sprecher deutlich, der immerhin bezüglich des Zustands des Unfallopfers leichte Entwarnung geben konnte. "Unserer Erkenntnis nach ist der Vorfall für das Mädchen zum Glück relativ glimpflich abgelaufen."
"Wir haben im Einsatz echt was Besseres zu tun"
In dem Facebook-Beitrag, der inzwischen (Stand 13 Uhr) bereits mehr als 20.000 Mal geteilt und knapp 33.000 Mal geliked wurde, fordert die Polizei abschließend, jegliche Gafferei künftig zu unterlassen. "Jeder von uns könnte der Nächste sein und bei der Menschenrettung zählt jede Sekunde. Wir haben im Einsatz echt was Besseres zu tun, als uns auch noch um Euch zu kümmern", schreiben die Beamten. Ihr Appell: "Lasst zukünftig die Smartphones in der Tasche und geht einfach weiter." Eigentlich schade, dass so etwas heutzutage so betont werden muss.