Eigentlich kann es nur noch die unerschütterliche Hoffnung auf ein Wunder sein, der die Helfer in Südspanien antreibt. Vor elf Tagen soll der zweijährige Julen in einen über 100 Meter tiefen, illegalen Brunnenschacht gefallen sein.
Seither haben hunderte Arbeiter schweres Gerät an der Unglücksstelle eingesetzt: Rammen, Bagger, Planierraupen, Kräne, Bohrer. Ihr Plan zur Rettung des Jungen: Einen Parallelschacht bohren und dann einen waagerechten Verbindungsgang zum Brunnenschacht graben, in dem der Zweijährige vermutet wird.
Rückschläge bei der Suche nach Julen
Doch seit Beginn der Aktion gab es immer wieder Rückschläge – und möglicherweise auch Fehler: Ein erster Plan zum Graben eines Tunnels in den Berghang schlug fehl, weil er immer wieder einstürzte, dann war eine Bohrung zu eng und musste vergrößert werden. Zudem stießen die Helfer immer wieder auf Gesteinsbrocken, die die Arbeiten verzögerten.
Jetzt endlich geht die Aktion in die entscheidende Phase. Inzwischen stehen acht erfahrene Bergarbeiter für den Abstieg bereit. Sobald alle Sicherheitsfragen geklärt sind, sollen sie mit einer Kapsel in den Rettungsschacht herabgelassen werden – alle 30 Minuten, jeweils in Zweierteams, ausgerüstet mit Spitzhacken, Presslufthämmern und Sauerstoffmasken. Ihre Aufgabe: den Verbindungstunnel zu der Stelle zu graben, an der Julen vermutet wird. Eine extrem schwierige und gefährliche Aufgabe. Wegen der Enge können die Männer nur kniend oder liegend arbeiten.
Wie lange es dauert, bis die Bergleute zu dem Jungen vordringen, vermag indes niemand zu sagen. Im Extremfall kann auch diese letzte Phase noch viele Tage dauern. Und dann?
Seit elf Tagen gibt es kein Lebenszeichen von Julen, es gibt noch nicht einmal hundertprozentige Gewissheit, dass er tatsächlich an der vermuteten Höhe des Brunnenschachts ist. In TV-Sendungen äußern Laien und selbsternannte Fachleute gar die Vermutung, dass der Junge überhaupt nicht hinabgestürzt sei. Doch die Retter fanden im Schacht eine Tüte mit Süßigkeiten, die Julen bei sich gehabt hat, und wenig später auch Haare des Kindes.
"Wir werden nicht ohne Julen weggehen"
"Ich habe mich auf die Öffnung gestürzt und er war nicht mehr da. Ich habe ihn weinen hören, aber bald habe ich ihn nicht mehr gehört", sagte Julens Vater José vor Journalisten weinend. "Mein Sohn ist da." Und auch wer an der Rettungsaktion beteiligt ist, kann die Zweifel an dem Unglück nicht nachvollziehen.
Die Vizedelegierte der Madrider Zentralregierung in Andalusien, María Gámez, sagte unter Berufung auf die verschiedenen Experten am Brunnenschacht, man habe "Gewissheit", dass der Junge unten im Loch sei. "Ich bin mir sicher, dass wir von hier nicht ohne Julen weggehen werden."
Die Bergarbeiter stehen bereit, mit ihren Werkzeugen. Und mit der Hoffnung auf ein Wunder.
