Dieser Kanada-Tag war alles andere als ein normaler Nationalfeiertag. Normalerweise wird die Gründung des Staates am 1. Juli 1867 mit Barbecues und Familienfeiern begangen. Doch diesmal war vielen Kanadier:innen nicht nach feiern zumute. An der Pazifikküste sind Menschen in der beispiellosen Hitzewelle ums Leben gekommen. Waldbrände haben Lytton, den Ort in Bristish Columbia, an dem in den vergangenen Tagen immer neue Hitzerekorde für Kanada aufgestellt worden waren, fast vollkommen zerstört. Und dann sind da die immer neuen Funde nicht gekennzeichneter Gräber und sterblicher Überreste indigener Kinder, die in den Residential Schools zu Tode kamen.
Mehr als 1000 Opfer wurden in den letzten Wochen registriert beziehungsweise ihre Gräber entdeckt. Kanada kommt daher nicht mehr daran vorbei, sich einem dunklen Kapitel seiner Geschichte zu stellen. Überall im Land wurden bis in die 1990er-Jahre hinein in den kirchlich betriebenen Internaten indigene Kinder ihren Familien entrissen, zur Aufgabe der eigenen Sprache und Kultur gezwungen, waren Gewalt, Folter und sexuellem Missbrauch ausgesetzt. Durch die jüngsten Funde scheint sich das traurige Schicksal Tausender Vermisstenfälle zu klären.
Kanada: Tausende ehren Opfer der Residential Schools
Tausende zeigten daher am Kanada-Tag ihre Solidarität mit den Überlebenden der Residential Schools und ihre Trauer um die Opfer des Umerziehungssystems. "No Pride in Genocide" ("Kein Stolz auf Völkermord") und "Bring unsere Kinder nach Hause" stand auf vielen Schildern, die die Demonstranten während der "Every Child Matters"-Märsche in Montreal, Toronto und anderen Städten in die Höhe reckten.