Keimbelastete Infusion Drittes Frühchen in Mainzer Klinik gestorben

Die Zahl der nach einer keimbelasteten Infusion in der Mainzer Uniklinik gestorbenen Babys hat sich auf drei erhöht. Das in der 24. Schwangerschaftswoche geborene Frühchen war durch seine körperliche Unreife schon extrem gefährdet, wie Klinikchef Norbert Pfeiffer am Dienstag sagte.

Die Zahl der nach einer keimbelasteten Infusion in der Mainzer Uniklinik gestorbenen Babys hat sich auf drei erhöht. Das in der 24. Schwangerschaftswoche geborene Frühchen war durch seine körperliche Unreife schon extrem gefährdet, wie Klinikchef Norbert Pfeiffer am Dienstag sagte. Auch die am Samstag gestorbenen Säuglinge waren Frühchen, eines hatte einen Herzfehler. Ob die mit Darmbakterien verunreinigte Nährlösung den Tod der Kinder herbeigeführt hat, steht immer noch nicht fest. In jedem Fall sollen die Fälle Konsequenzen für die Hygiene-Vorschriften haben.

Pfeiffer betonte, die Verunreinigung der Nährlösung habe nichts damit zu tun, dass sich Beschäftigte möglicherweise nicht die Hände gewaschen hätten. Die Infusionslösungen wurden für jeden Patienten individuell in einem Reinraum vorbereitet. Luft, Arbeitsfläche und die Handschuhe der Mitarbeiter werden nach Angaben des Klinikchefs ständig untersucht. Festgestellt wurde die Verkeimung vom Institut für Mikrobiologie und Hygiene, das Rückstellproben der Infusionen analysiert. Wie die zwei Arten von Darmbakterien in die Nährlösung gelangten, untersuchen Rechtsmediziner im Auftrag der Mainzer Staatsanwaltschaft.

Der Klinik zufolge ist nicht damit zu rechnen, dass wegen der Keime weitere Kinder sterben werden. Insgesamt zehn Babys und ein älteres Kind hatten die keimbelasteten Infusionen erhalten.

Verbände und Politiker verschiedener Parteien fordern bundeseinheitliche Hygiene-Regelungen für Krankenhäuser. Das Bundesgesundheitsministerium kündigte am Dienstag an, bei der nächsten Gesundheitsministerkonferenz werde es mit den Ländern zusätzliche Regelungen erörtern.

Bisher steht es jedem Bundesland offen, ob es Hygieneverordnungen für Krankenhäuser erlässt. Dies haben nur Berlin, Bremen, Nordrhein-Westfalen, das Saarland und Sachsen getan.

"Wir haben auf dem Gebiet der Krankenhaus-Hygiene ein großes Problem, auf das der Gesetzgeber dringend reagieren muss", sagte FDP-Fraktionsvizechefin Ulrike Flach der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die Fraktion werde deshalb im September die Initiative für eine bundesweite Regelung ergreifen.

Ähnlich äußerte sich der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn: "Es ist höchst unbefriedigend, dass trotz lange bekannter Defizite bei der Hygiene in Krankenhäusern bisher wenig passiert ist."

Notwendig sei ein nationaler Aktionsplan, in dem Maßnahmen von Bund und Länder vereinbart würden, sagte der Grünen-Bundestagsabgeordnete und Obmann im Gesundheitsausschuss, Harald Terpe. Dazu gehörten die Verpflichtung der Kliniken, hauptamtliche Hygienebeauftragte einzuführen sowie eine durch den Bund zu regelnde Meldepflicht für multiresistente Erreger.

Drastische Kritik äußerte der SPD-Politiker Karl Lauterbach: "Müssen erst Leichen auf der Straße liegen, bis einige Bundesländer aufwachen und ihrer Verantwortung gerecht werden?", zitiert der "Kölner Stadt-Anzeiger" (Mittwochausgabe) den gesundheitspolitischen Sprecher der Bundestagsfraktion. Vorstöße des Bundes, an den Missständen etwas zu ändern, seien am Widerstand der Länder gescheitert.

Der hessische Gesundheitsminister Jürgen Banzer (CDU) lehnt eine bundeseinheitliche Hygieneverordnung ab. In hr-Info sagte er, es gebe bereits bundesweite Standards vom Robert-Koch-Institut. "Ich glaube, dass man die Anstrengungen deutlich verstärken muss, um in hessischen Krankenhäusern einen besonderen Hygiene-Standard zu erreichen", meinte Banzer.

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