Viele Jahre lang fristete ein Gemälde in Australien ein völlig unscheinbares Dasein, versteckt vor den Augen der Öffentlichkeit: Das Kunstwerk "Stillleben" befand sich in einem Lagerraum der Denkmalschutzorganisation National Trust, bevor Fachleute es genauer unter die Lupe nahmen. Dabei entdeckten sie, wie wertvoll das Bild tatsächlich ist.
Auf dem Gemälde ist ein gedeckter Tisch mit weißer Tischdecke, Kuchen, Brötchen, einem Teller mit Nüssen und einem silbernen Kelch zu sehen. Es soll aus dem 17. Jahrhundert stammen und laut Experten von dem niederländischen Künstler Gerret Willemsz Heda (1625–1649) gemalt worden sein. Damit wäre das Gemälde dem "Goldenen Zeitalter" zuzurechnen, einer wirtschaftlichen und kulturellen Blütezeit in den Niederlanden des 17. Jahrhunderts.
Stammt das Gemälde von einem niederländischen Meister?
Allerdings könnte das Bild auch in Zusammenarbeit von Gerret Willemsz Heda mit seinem Vater Willemz Claesz Heda entstanden sein. Wie wahrscheinlich das ist, wird gerade untersucht. Willemz Claesz Heda gilt als einer der bedeutendsten niederländischen Maler des "Goldenen Zeitalters". Seine Signatur und die seines Sohnes seien allerdings nur schwierig voneinander zu unterscheiden, teilte der National Trust mit. Sollte Willemz Claesz Heda an dem Bild beteiligt sein, dürfte das den Wert noch einmal erheblich steigern: Die Gemälde des Meisters seien bisher für um die drei Millionen Euro verkauft worden.

Als gesichert gilt allerdings schon, dass das Bild gemalt wurde, bevor James Cook Australien überhaupt kolonisierte. Für die Kunstexperten auf dem Kontinent ist der Fund deshalb eine Sensation. "Ein echtes niederländisches Gemälde aus dem 17. Jahrhundert in meinem Lagerraum zu finden, war atemberaubend", schwärmte Rebecca Pinchin, die für die Sammlung des National Trust verantwortlich ist.
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Odyssee über viele Jahre
Doch wie konnte es dazu kommen, dass das Kunstwerk so lange unbeachtet blieb? Ursprünglich befand sich das Bild in der Woodford Academy, einem 1830 erbauten Gebäudekomplex in den Blue Mountains westlich von Sydney. Fachleute gehen davon aus, dass es im 19. Jahrhundert dorthin gelangte. Die mehr als 60.000 Objekte aus der Woodford Academy, die heute als Museum fungiert, gingen 1979 an den National Trust über. Die Sammlung habe sich in einem sehr schlechten Zustand befunden, heißt es.
Jahrelang waren Mitarbeiter der Organisation damit beschäftigt, sich einen Überblick zu verschaffen. Das "Stillleben" war mehr als 20 Jahre lang in Luftpolsterfolie verpackt, bevor es überhaupt einer genaueren Prüfung unterzogen wurde. 1999 wurde ein Restaurator darauf aufmerksam und schrieb das Gemälde Willemz Claesz Heda oder seinem Sohn zu, doch erneut geriet das Bild in Vergessenheit. 2009 äußerte ein Labor nach einer Untersuchung Zweifel an der Echtheit des Werks. Erst im vergangenen Jahr wurde das Bild aufwändig restauriert. Dabei gelang auch der Fund, der alle Kunstkenner elektrisierte und die Echtheit des Gemäldes bewies: die Unterschrift des Künstlers. Das Bild ist nun ab Mitte Mai an seinem ursprünglichen Ort, der Woodford Academy, zu sehen.
Quellen: National Trust of Australia